Die
Twinkie wird für immer mit den 1950er Jahren in Erinnerung bleiben. Und der
Niedergang der Gastgeberin hat eine Welle von Nostalgie durch die Baby-Boomer
für eine scheinbar unschuldige Zeit entfesselt, schreibt Paul Krugman in seiner lesenswerten Kolumne („The Twinkie Manifesto“) am Montag in NYTimes.
Es
ist unnötig, zu sagen, dass die Zeit nicht wirklich unschuldig war. Aber die
1950er Jahre bieten Lektionen, die im 21. Jahrhundert relevant sind, hebt der
Träger des Wirtschaftsnobelpreises (2008) hervor. Man denke an die Frage der
Steuersätze für Wohlhabende. Die modernen amerikanischen Rechten und ein
grosser Teil der angeblichen Mitte sind von der Vorstellung besessen, dass niedrige Steuersätze für die Top für das
Wirtschaftswachstum wesentlich seien.
In
den 1950er Jahren waren die Steuern auf Unternehmensgewinne zweimal so gross. Den
besten Schätzungen zufolge hat die Top 0,01% ca. 1960 einen effektiven Steuersatz
von mehr als 70% gehabt, das heisst, doppelt so hoch wie heute.
Die
hohen Steuern waren nicht die einzige Last für reiche Geschäftsleute, die einer
Arbeitskraft mit einem Mass an Verhandlungsmacht gegenüberstanden, die heute
schwer vorstellbar ist, unterstreicht Krugman. Im Jahr 1995 waren ein Drittel
der amerikanischen Arbeitnehmer Gewerkschaftsmitglieder. In den grössten
Unternehmen handelten das Management und Arbeitskräfte als Gleichberechtigte.
Zusammengedrückt
zwischen hohen Steuern und einer selbstmächtigen Arbeitnehmerschaft waren die
Führungskräfte relativ verarmt nach den Standards der früheren oder späteren
Generation. Zwischen den 1920er Jahren und den 1950er Jahren fielen die
Einkommen für die reichsten Amerikaner stark zurück, legt Krugman dar.
Heute
sind Schlösser, Armeen der Bediensteten und Yachten zurück, grösser als je
zuvor und jeder Hinweis von Politik, welche den Plutokraten-Still beeinträchtigen
würde, wird mit dem Geschrei „Sozialismus!“ zurückgedrängt. Das viel weniger
Plutokratie-freundliche Umfeld der 1950er Jahre müssen ja wirtschaftlich eine Katastrophe
gewesen sein, schildert Krugman ironisch.
Im
Gegenteil: Die hohen Steuern, starke Gewerkschaften nach dem Zweiten Weltkrieg
waren in der Tat von spektakulären, weitgehend von geteiltem
Wirtschaftswachstum geprägt, was uns nun zu Nostalgie Sache zurückbringt.
Es
gibt einige Leute im politischen leben, die nach diesen Tagen sehnen, wo
Minderheiten und Frauen ihren Platz wussten, und Gays ihre Homosexualität fest verbergen
mussten und Kongressabgeordnete fragten: „Are
You Now or Have You Ever Been?“ (*). „Der Rest von uns ist jedoch sehr
froh, dass diese Tage vorbei sind. Wir sind heute moralisch ein viel besseres
Land“, betont Krugman. Ach ja, und die Ernährung hat sich auch viel verbessert.
Ein
langer Weg, aber wir haben etwas wichtiges vergessen, nämlich, dass
wirtschaftliche Gerechtigkeit und wirtschaftliches Wachstum nicht unvereinbar
waren. Amerika in den 1950er Jahren hat dafür gesorgt, dass die Reichen ihren
gerechten Anteil zahlten. Und es gab Arbeitnehmern die Macht für anständige
Löhne und Sozialleistungen. Doch im Gegensatz zu Propaganda von Rechtsaussen
hat die Wirtschaft floriert. „Und wir können es wieder erreichen“, fasst
Krugman zusammen.
(*) Meine
Bemerkung:
„Are you now or have you ever been a member of the Communist Party?”,
siehe McCarthyism (McCarthy-Ära). Das war eine Frage, die während der Anhörungen
im US-Kongress in den 1950er Jahren gestellt wurde, durch den „Kongressausschuss
für unamerikanische Aktivitäten“ und durch den Unterausschuss des US-Senats im
Zusammenhang mit Joseph McCarthy.
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