Dienstag, 13. November 2012

Warum der hohe Yen kein Rätsel ist


Japans Wirtschaft ist im dritten Quartal geschrumpft. Das BIP ist zwischen Juli und September auf das Jahr hochgerechnet um 3,5% gesunken. Eins ist sicher, dass die global schwache Nachfrage auf Japans Exportgeschäft lastet. Aber auch ein hoher Yen macht der japanischen Exportwirtschaft zu schaffen.

Warum ist aber der Yen so stark? Die eine Antwort ist, dass viele Investoren Carry-Trades auflösen. Das heisst, dass die Kredite in Yen im Sog der weltweiten Finanzkrise zurückgezahlt werden. Eine weitere, wesentliche Antwort ist aber, dass es mit der „Kollision der Deflation mit der Null-Grenze“ (zero lower bound) zu tun hat, wie Paul Krugman in seinem Blog beschreibt. Aus dieser Konstellation ergibt sich ein hoher Realzins, höher als in anderen fortgeschrittenen Volkswirtschaften.

Würden Anleger das Vertrauen in die japanische Politik verlieren, die wirtschaftlichen Probleme des Landes in den Griff zu bekommen, wäre es eigentlich gar keine schlechte Sache für Japan. Das heisst, dass der Vertrauensverlust in japanische Staatsanleihen, sei es aus Angst, dass eine Zahlungsunfähigkeit droht, oder ein heftiger Anstieg der Inflation bevorsteht,  ein Segen für Japan wäre. Denn der Yen würde abwerten und die japanische Exportwirtschaft würde davon profitieren.

Vor dem Hintergrund der globalen Turbulenzen an den Finanzmärkten geniesst der Yen heute den Status eines sicheren Hafens, nach wie vor, obwohl das Land sehr hohe Schulden hat. Im Gegensatz zu den Ländern im Euro-Raum verfügt Japan aber über eigene Währung.

Japan hat zudem eine tief eingebettete Deflation, während die Inflationserwartungen in den USA und in der Euro-Zone leicht positiv sind. Deflation-Erwartungen drücken die Zinsen nach unten. Die kurzfristigen Zinsen können aber nicht unter Null sinken. Die langfristigen Zinsen bleiben irgendwie über Null, weil die Zinsen am kurzen Ende nur steigen, aber nicht weiter fallen können.

Inflationserwartungen belaufen sich in Japan auf rund 2% weniger als in anderen Ländern mit dem Status des sicheren Hafens. Die langfristigen Zinsen sind aber in Japan um rund 1% niedriger, sodass Japan ein Land mit einem hohen Realzins ist. Und dies treibt den Yen-Kurs hoch. Das ist natürlich eine schlechte Sache für Japan, weil das Land mehr Ausfuhren benötigt. Der hohe Yen aber verhindert die Wiederbelebung der Exporte. Das ist eine Deflationsfalle, die nicht auf die leichte Schulter genommen werden kann. Deshalb hält die Schweizerische Nationalbank (SNB) am Mindestkurs des Frankens gegenüber dem Euro fest.

Bemerkung: Japan hat genau wie die USA nicht viele Schulden in ausländischer Währung, praktisch alles in Landeswährung, weshalb ein Vertrauensverlust durch ausländische Investoren in japanische Bonds der japanischen Wirtschaft zu Gute käme. Für die theoretische Analyse bitte in diesem Blog hier nachlesen.

PS: Es gibt aber auch Länder, die über eine eigene Währung verfügen, aber viele Schulden in ausländischen Währungen haben, wo die Abwertung kontraktiv erfolgt, nicht expansiv wie im japanischen Fall. Zum Beispiel in Ungarn, wo die Bürger des Landes sich massiv in Schweizer Franken verschuldet haben, um in Immobilien im eigenen Land zu investieren. Es gibt also einen wichtigen Unterschied, ob ein Land sich im Wesentlichen in einer Fremdwährung oder in der eigenen Landeswährung verschuldet hat.

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