Amerikaner
stehen an der US-Ostküste Schlage für Essen und Benzin. Die Bilder nach
Hurrikan „Sandy“ prägen die Schlagzeilen in den US-Medien. Damit beginnt auch
die übliche Debatte über die Wirtschaft und Ethik in Bezug auf die Preistreiberei.
Während
die Frage, ob es in Ordnung ist, ja sogar wünschenswert, dass Unternehmen nach
Naturkatastrophen die Preise erhöhen, sicherlich wichtig ist, gibt es eine
grössere Lehre, die aus dieser Diskussion zu ziehen ist, bemerkt Mark Thoma in einem lesenswerten
Artikel („Hurricane Sandy’s Lesson on
Preserving Capitalism“) in The Fiscal Times.
Die
Lektion betrifft das Herz des Kapitalismus: Was passiert, wenn das
Preis-Allokation System zusammenbricht?
Ökonomen
mögen den Begriff „Preistreiberei“ (price-gouging)
nicht. Sie glauben, dass Preiserhöhungen die beste Möglichkeit bieten, knappe
Güter und Dienstleistungen nach einer Naturkatastrophe bereitzustellen und v.a.
die Zusatzversorgung zu fördern, hebt Thoma hervor.
Wenn
es aber einen solchen Vorteil gibt, das Preissystem nach einem Ereignis wie
Hurrikan „Sandy“ funktionieren zu lassen, warum halten Produzenten oft an Vor-Krise-Preisen
fest? Die eine Antwort ist, dass Preistreiberei nach einer Naturkatastrophe in
vielen Orten verboten ist. Eine andere Antwort ist die Idee des Fairness.
Nach einer Naturkatastrophe
betrachten Menschen Nahrung, Wasser und sogar Waren wie Benzin als
Notwendigkeit und bleiben, obwohl Ökonomen versuchen, zu erklären, dass es das
Beste ist, zuzulassen, dass die Preise steigen, gegenüber zwei Arten von
Ungerechtigkeit empfindlich.
(1) Nach
einer Katastrophe kommt es i.d.R. zu einem Lieferengpass. Wenn Verbraucher das
Gefühl haben, ausgenutzt zu werden, und zwar gerade dann, wenn sie schon genug
Probleme haben, beschliessen sie, woanders einzukaufen. Da Unternehmen aus
diesem Grund Umsatzeinbusse befürchten, verzichten sie auf Preiserhöhungen.
(2) Menschen betrachten es nicht als fair, wenn nur die Reichen die Dinge kriegen,
die sie brauchen, um ihre Sorgen zu lindern. Die Wohlhabende sollten für die
verfügbaren Lieferungen von Waren und Dienstleistungen, die aufgrund der
Naturkatastrophe stark nachgefragt werden, nicht eine marktbeherrschende
Position einnehmen („cornering“) dürfen.
Diese
Beziehung zwischen der Akzeptanz des Preis-Allokation-Systems im Zuge der
Naturkatastrophen und wie fair das System wahrgenommen wird, bietet Lehren
dafür an, die über die Zeiten von Krisen hinausgehen, betont der an der University of Oregon lehrende
Wirtschaftsprofessor.
Wenn
die Einkommensungleichheit sehr gering ist und Monopolmacht weitgehend abwesend
ist, können die meisten Menschen die meisten Güter und Dienstleistungen
verbrauchen, wenn sie bereit sind, genug Opfer in Kauf zu nehmen. In diesem
Fall sind die Menschen tolerat, das Preissystem diktieren zu lassen, wer was
bekommt.
Wenn
aber Ungleichheit zunimmt und Menschen aus dem Markt ausgeschlossen werden,
wenn es mehr und mehr Dinge gibt, die ein grosser Teil der Bevölkerung sich
nicht leisten kann, unabhängig davon, wieviel sie bereit sind, aufzugeben,
fühlen sie sich ausgenutzt, von einem System, welches mit einer wirtschaftlichen
oder politischen Macht verbunden ist. Dann nimmt die Unterstützung für den
Mechanismus der Preis-Allokation ab und das Herz des Kapitalismus beginnt,
ausgehöhlt zu werden, legt Thoma dar. Die Überzeugung, dass der Kapitalismus
fair ist, weitet sich folglich aus.
Fazit: Die Unterstützung für den
Market-Allokation-Mechanismus während Katastrophen und in normalen Zeiten hängt
von der Vorstellung ab, wie fair das System ist.
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