Donnerstag, 12. November 2009

Natürliche Arbeitslosigkeit: Neues Niveau nach Rezession?

Ein besonderes fatales Merkmal der gegenwärtigen Krise ist die hohe Unterbeschäftigung. Alle Menschen sind davon betroffen. Selbst diejenigen, die noch einen Arbeitsplatz haben, sind besorgt, eines Tages ihre Stelle zu verlieren. Nachdem Anstieg der Arbeitslosigkeit auf 10,2% in den USA gilt es inzwischen als sicher, dass der Beschäftigungsstand nach der konjunkturellen Wende Jahre lang niedrig verharren wird. Mark Thoma hatte kürzlich geschrieben, dass es lange anhalten dürfte, bis die Arbeitslosigkeit auf ihr normales Niveau zurückkehre. Nun erklärt er in einem neuen Essay in Money Watch, was er unter „normalem Niveau der Beschäftigung“ versteht. Eine wichtige Frage sei jedoch für die Politiker, ob es für die Arbeitslosigkeit „ein neues normales Niveau“ geben wird, wenn die Rezession vorbei ist. Wenn ja, wie wird es aussehen? Ökonomen unterscheiden bekanntlich unter drei Typen von Arbeitslosigkeit: (1) friktionelle Arbeitslosigkeit, die aufgrund von Suchprozessen (Stellenwechsel) entsteht, (2) konjunkturelle Arbeitslosigkeit, welche von einem Abschwung ausgelöst wird und (3) strukturelle Arbeitslosigkeit, die dann vorliegt, wenn das Angebot und die Nachfrage aufgrund von z.B. regionaler, qualitativer und anderer Besonderheiten nicht übereinstimmen.


Unemployment Rate in October 2009, Graph: Bureau of Labor Statistics

Konjunkturelle Arbeitslosigkeit sei die grösste Sorge de Politiker. Die Fed z.B. versuche die Art von Arbeitslosigkeit durch geldpolitische Schritte zu bekämpfen, indem sie die Zinsen während Rezessionen senkt, was zur Zeit der Fall ist, so der Makroökonomist an der University of Oregon. Friktionelle und strukturelle Arbeitslosigkeit gelten hingegen als „normal“ und „notwendig“. Wenn nur diese zwei Arten von Arbeitslosigkeit vorherrschen und die konjunkturelle Arbeitslosigkeit ausscheidet, dann gilt die Wirtschaft in Vollbeschäftigung, erläutert Thoma. Warum sind aber friktionelle und strukturelle Arbeitslosigkeit als normal und notwendig zu betrachten? Die friktionelle Arbeitslosigkeit fördert die effiziente Anpassung von Arbeitnehmern und den Arbeitsplätzen, erklärt Thoma. Es ermöglicht Arbeitnehmern, Arbeitsplätze zu verlassen, die sie nicht mögen und dann einen neuen Arbeitsplatz zu finden, für den sie sich besser geeignet sehen. Gäbe es keine unbesetzte Stellen, wäre es viel schwieriger, ja sogar unmöglich, einen passenden Arbeitsplatz zu finden, hält Thoma fest. Die strukturelle Arbeitslosigkeit ermögliche andererseits der Wirtschaft, neue Technologien wie z.B. Roboter am Fliessband einzusetzen und auf diese Weise auf den Wandel der Nachfrage nach verschiedenen Produkten zu reagieren. „Würden wir einen derartigen Wandel in Technologie nicht zulassen, müssten wir mit veralteten Produktionsverfahren immer dieselbe Mischung an Waren zu jeder Zeit konsumieren“, legt Thoma dar. Vor der aktuellen Rezession lag die natürliche Arbeitslosigkeit (genannt auch die Sockelarbeitslosigkeit), die sich aus der Summe der strukturellen und friktionellen Arbeitslosigkeit ergibt, laut Thoma irgendwo in der Nähe von 4%. Wird sie aber auch nach dem Ende der Rezession dort zu liegen kommen? Das hängt davon ab, was mit den Komponenten von struktureller und friktioneller Arbeitslosigkeit passiert, schreibt Thoma weiter. Friktionelle Arbeitslosigkeit ist während der Rezession gesunken, weil Menschen wegen ungünstiger Aussichten Angst haben, ihre Stelle zu wechseln. Die Veränderung der strukturellen Komponente könnte jedoch erheblich sein, hebt Thoma hervor. Er erwarte eine höhere strukturelle Arbeitslosigkeit als zuvor, v.a. in den nächsten Jahren. „Wir hatten zu viele Ressourcen in Wohnungs- und Finanzwesen und Autoherstellung, so Thoma. Es werde jetzt Zeit für die Wirtschaft, die notwendigen strukturellen Anpassungen vorzunehmen. Kombiniert mit der fortschreitenden Globalisierung, steigender Sparquote und entsprechend geringerem Verbrauch der privaten Haushalte werde dies zu strukturellen Veränderungen in der Wirtschaft führen. Thoma rechnet deshalb mit einer Sockelarbeitslosigkeit über der Marke von 4%. Das heisst, höher als vor dem Beginn der Rezession. Es sei aber schwierig, genau zu schätzen, wie der Anstieg erfolgen wird. 5 oder 6% sei jedoch vorstellbar.


US GDP, Graph: Bureau of Economic Analysis

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