Dienstag, 24. November 2009

Staatsschulden-Hysterie

Staaten sollen rechtzeitig aus den Konjunkturprogrammen aussteigen. Das ist die Forderung, die von vielen Politikern und Mainstreamökonomen insbesondere seit ein paar Wochen intensiv immer wieder gestellt wird, mit dem Ziel, um die befürchtete Hyperinflation zu bändigen. Angesichts der steigenden Arbeitslosenquote und anhaltenden Schwäche am Immobilienmarkt zeigen Anleiheinvestoren aber keine Bedenken, dem Staat zu 3,35% für zehn Jahre Geld zu leihen. Das ist übrigens das niedrigste Niveau seit mehr als 60 Jahren. Die Renditen am langen Ende der Kurve verlaufen seit Mitte der 2000er Jahren zwischen 4,5% und 5,0%. Die staatliche Kreditaufnahme hat den Ausfall in der Privatwirtschaft nicht einmal ausgeglichen, wie Paul Krugman hervorhebt. Eine weitere Ausgabenerhöhung wäre also auf keinen Fall Fehl am Platz. „Die Argumente darüber, ob wir mehr Fiskalstimulus benötigen, machen die Wirklichkeit undeutlich, die dahinter steckt, dass die zunehmende Schuldenaufnahme den wirtschaftspolitischen Spielraum der Regierungen einengt“, schreibt jedoch Robert Samuelson in seiner Kolumne in Washington Post. Der provokative Titel lautet: „Kann Amerika pleite gehen?“.


10-Y US-Treasuries, Graph: Fed St. Louis

„Tiefe konjunkturelle Abflachung, Hyperinflation, Unsicherheit usw.“ sind andere Stichworte, die im Artikel auffalllen. Nach der Lektüre sei er wütend geworden, schreibt James Kwak in seinem Blog The Baseline Scenario. Samuelson liefere nicht nur keinen Beweis dafür, dass ein hohes Schuldenniveau zu einem Unfall führt, sondern er widerspricht sich selbst, bemerkt Kwak. Denn Samuelson verweist auf den Fall Japan in den 1990er Jahren. Während die japanische Regierung die Staatsverschuldung erhöhte, um die Nachfrage zu stützen, verliefen die Zinsen unbeeindruckt nahe an der Null Grenze weiter. Samuelson zieht aber daraus den Schluss, dass das so lange gut gehe, bis das Vertrauen verfliege. „Das ist sicher nicht die Schlussfolgerung aus dem japanischen Beispiel“, betont aber Kwak. „Das ist eine Binsenwahrheit, die Samuelson vor dem Fall Japan beteuerte und nun wiederholt“, behauptet Kwak und fügt hinzu: „seine Kolumne ist es nicht wert, zu lesen“. Er sei nicht ein Fan von massiver Staatsverschuldung, so Kwak weiter, „wer ist es schon?“. Doch das bedeute aber keine Entscheidung für leere Rhetorik, so Kwak. Samuelson’ Argumente dienen einem Zweck, Leute und Politiker zu erschrecken, über die zunehmende Arbeitslosigkeit nichts zu unternehmen, weil es sonst angeblich zu Hyperinflation käme, schliesst Kwak seinen Kommentar.

Auch Dean Baker kann mit Samuelson’s Argumenten nichts anfangen. Es ist Schade, dass die WaPo keinen Platz für Warnungen vor der Spekulationsblase in Höhe von 8'000 Mrd. $ am Immobilienmarkt gefunden hat, schreibt Baker, was vollkommen vorausschaubar gewesen sei. Das ist ein „Krieg der Welten“, eine Schreckensgeschichte, nicht ernste Politikanalyse, hält Baker fest.

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