Sonntag, 1. November 2009

Ökonomische Modelle: Alternative Ansätze

Eins steht fest: Die Finanzkrise hat das Nachdenken über die Kompatibilität der Wirtschaftsmodelle mit der realen Welt stark angeregt. Joseph Stiglitz und George Akerlof argumentieren in dieser Hinsicht in einem lesenswerten Essay in Project Syndicate, dass „Märkte nicht notwendigerweise effizient oder stabil sind und unsere Gesellschaft durch die Standardmodelle des Wettbewerbsgleichgewichts, die von vielen Ökonomen verwendet werden, nicht gut beschrieben wird“. Die Märkte verhalten sich nicht rational und es kommt zu Spekulationsblasen. Insbesondere seit Beginn der ungezügelten Deregulierung vor rund 30 Jahren hat sich die Häufigkeit der Finanzkrisen erhöht, wie die beiden Wirtschaftswissenschaftler betonen. Die gegenwärtige Krise ähnelt bemerkenswert der vergangenen Finanzkrisen. Verantwortlich für die Krisen sind Exzesse an den Märkten für Vermögenswerte und dubiöse Finanzierungspraktiken (welche u.a. auch als Finanzinnovation bekannt sind).

Mit dem Hinweis auf die diesjährigen Nobelpreisträger in Ökonomie zeigen sich die beiden Professoren erfreut über die Wiederbelebung alternativer Ansätze. Zu erwähnen sind in erster Linie: (1) agentenbasierte Modelle, welche die Vielfalt der Umstände betonen, (2) Vernetzungsmodelle, die sich auf komplexe Wechselbeziehungen zwischen Unternehmen beziehen und (3) Krisenthese von Hyman Minsky, wonach Kapitalmärkte inhärent instabil sind und wegen der Finanzspekulationen einen Zyklus von Euphorie, Panik und Krise (Minsky-Moment) erzeugen.

Brad DeLong schreibt in diesem Sinne in einem weiteren Essay ebenfalls in Project Syndicate, dass die Republikaner zur Zeit nein zu der kurzfristigen „Deficit-spending“-Politik sagen, die Unterstützung des Bankensystem ablehnen und auch eine erhöhte staatliche Aufsicht des Marktes zurückweisen. Die Banken kehren zum Business as usual zurück und blockieren mit aller Macht die Reformbestrebungen. Er behaupte nicht, dass die Politik in den letzten Jahren ideal gewesen ist. Aber wenn es nach ihm gegangenen wäre, hätte er Lehman und AIG fallen lassen. Er hätte einen diskontierten Bargeldfluss vorgezogen. Das heisst, er hätte die Schulden zum Nominalbetrag für Cash diskontiert und Aktienbezugsrechtsscheine bereitgestellt. Auf diese Weise würde das Finanzsystem funktionieren und das Schatten Bankensystem bestraft. DeLong hätte Fannie Mae und Freddie Mac verstaatlicht. Was wäre aber passiert, wenn der Staat populistischen Forderungen nachgegeben und sich mit Interventionen (Stichwort: Fiskalsimpulse) zurückgehalten hätte? Eine vergleichbare historische Analogie sei die Grosse Depression. DeLong erinnert daran, dass die Produktion von ihrem Höhepunkt um 54% eingestürzt ist. Sein Fazit ist, dass es ein Problem ist, aufgrund aller theoretischen Gründe zu glauben, dass Depressionen so wie die „Great Depression“ von 1929/30 in einer Marktwirtschaft nicht passieren würden. Das ist aber passiert. Und die könnten wieder geschehen.

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