Samstag, 13. Februar 2010

Nicht Griechenland, Euro-Zone ist in Krise

Die griechische Tragödie wirft viele Fragen auf. Es geht im Grunde genommen gar nicht um die fiskalpolitische Verantwortungslosigkeit Athens. Die Problematik ist viel grösser, als man auf den ersten Blick annehmen könnte. Europa tritt unvorbereitet in eine schwere Wirtschaftskrise. Die sich andeutende globale Erholung könnte angesichts der unhaltbaren und eines „Ponzi-System“-ähnlichen Aufbau der Staatsverschuldung in finanzschwachen EU-Ländern leicht zusammenbrechen, schreiben Simon Johnson und Peter Boone in einem langen Essay („How Much Does a Grecian Urn?“) in WSJ. Portugal, Irland, Italien, Griechenland und Spanien haben ihre Expansion in den vergangenen zehn Jahren in unterschiedlichem Masse von Aussen- und Bankkrediten finanziert. Im Herbst 2008 ist die Blase geplatzt, argumentieren die Autoren. Die EZB hat darauf als Hüterin der Gemeinschaftswährung durch die Öffnung neuer Kreditlinien für diese Länder behutsam reagiert, indem sie durch spezielle Kredit-Fenster Staatsanleihen aufgekauft hat. Europa an der Peripherie war empfindlich, aber es hat dank dem intravenösen Zugang zum Kredit überlebt.

Das ging noch bis vor ein Paar Wochen, als Jean-Claude Trichet, der EZB-Präsident und seine deutschen Hintermänner Griechenland plötzlich von der impliziten Subvention abschnitten, erklären die beiden Ökonomen. Natürlich flohen Investoren aus Griechenland. Die Renditen griechischer Staatsanleihen fingen an, zu steigen. Und das Bankensystem rutschte an den Rand eines Zusammenbruchs, betonen die Wirtschaftswissenschaftler. Es geht aber nicht nur um Griechenland. Nachdem der EU-Gipfel am Donnerstag mit vagen Zusagen gegenseitiger Unterstützung zu Ende ging, änderte sich die Einschätzung der Finanzmärkte nicht. Andere EU-Länder könnten auch von den einfachen EZB-Finanzierungsmöglichkeiten abgeschnitten werden, sodass sich Sorgen jetzt verbreiten, betonen Johnson und Boone. Betroffen sind Spanien, Portugal, Irland, Italien, Österreich und Belgien, heben die Autoren hervor. Hätte Griechenland noch seine eigene Währung, wäre alles viel leichter. Eine Abwertung würde die Arbeitskosten senken, sodass Griechenland wieder Wettbewerbsfähigkeit erlangen würde, halten sie fest. Das würde aber zweifellos Deutschland und Frankreich negativ tangieren, da die beiden Länder unter abnehmender Wettbewerbsfähigkeit leiden würden, führen Johnson (MIT Sloan School of Management) und Boone (London School of Economics) weiter aus. Da die bedrängten EU-Länder den Euro teilen, können ihre Währungen nicht fallen. So sind sie mit der Notwendigkeit konfrontiert, dass die Nachfrage massiv einbricht, die Löhne sinken und die Staatsausgaben gekürzt werden müssen. Zu solchen fiskalpolitischen Sparmassnahmen waren die Länder zuletzt ausgesetzt, als sie am Goldstandard gebunden waren, was später zum Beginn der "Grossen Depression" in den 1930er Jahren beitrug, erinnern Johnson und Boone.

Dominique Strauss-Kahn, der IWF-Präsident bietet IWF-Hilfe an. Aber Nicholas Sarkozy, der französische Präsident ist dagegen, da er Strauss-Kahn als Rivalen bei den nächsten französischen Wahlen befürchtet. Auch Kanzlerin Angela Merkel kann sich mit der IWF-Unterstüzung nicht anfreunden, da sie auf diese Weise eine Schwächung der EZB nicht riskieren will. Die USA wollen wegen Finanz-Ausgleich den IWF ins Spiel bringen und sich selbst zurückhalten. Was ist aber die Lösung? Die beiden Autoren erwägen folgende Optionen: (1) Eine Möglichkeit wäre, zu akzeptieren, dass die Euro-Zone nicht sinnvoll ist. Das ist aber keine Entscheidung, die in Kürze gefällt werden kann. (2) Europa schafft ein multilaterales Funding System, wie z.B. European Union Funds (EUF). Denn es ist nicht klug, auf Deutschland und Frankreich angewiesen zu sein. (3) Die EZB passt ihre Geldpolitik an, indem sie Zinsen weiter senkt und erlaubt, dass die Inflation etwas steigt. (4) Wenn die bedrängten EU-Staaten die Auflagen nicht erfüllen können, müssen sie eine Art „Patienten-Verfügung“ („living wills“) erlassen, um die Euro-Zone verlassen zu können. Es wäre jedoch für die finanzschwachen EU-Länder eine Katastrophe, die Euro-Zone zu verlassen.

Die EU will nun versuchen, durchzuwursteln. Griechenland wird Verprechen abgeben, aber hoffen, nicht zahlen zu müssen. Und die anderen Länder werden verschont, die finanzschwachen Länder finanzieren zu müssen. Fazit: "Die Finanzmärkte teilen uns mit, dass die Euro-Zone in Gefahr ist. Die eigentliche Botschaft ist aber, dass die nicht-nachhaltige Schulden-Dynamik uns alle untergraben kann", schlussfolgern Johnson und Boone.

1 Kommentar:

boris hat gesagt…

hallo danke für die schöne übersicht, war sehr interessant für mich mehr über dieses thema zu erfahren.