Mittwoch, 10. Februar 2010

Das Okun-Gesetz: Produktionsniveau und Arbeitslosigkeit

Während das Produktionsniveau in den USA im Sog der Finanzkrise weniger stark gesunken ist als in den meisten anderen Industriestaaten, kletterte die Arbeitslosenquote höher und schneller als es der Fall ist in den meisten anderen Industriestaaten. Christopher J. Neely, Vizepräsident und Ökonom bei der Fed St. Louis unternimmt in einem kurzen Essay den Versuch, die Diskrepanz anhand des Okun-Gesetzes zu erklären. Beim Okun-Gesetz handelt es sich um einen Erfahrungswert. Arthur Okun hat im Jahre 1962 dokumentiert, dass die amerikanische Arbeitslosenquote um 1% sinkt, wenn das amerikanische BIP um 3% zulegt. Die Regel beantwortet die Frage, um wieviel sich die Arbeitslosenquote ändert, wenn das BIP-Wachstum schwankt. Der Okun-Koeffizient für die USA beträgt laut Neely 3 Prozent.


Okun’s Law, Ratios, Graph: Christopher J. Neely, Fed St. Louis

Es findet aber keine 1 zu 1 Veränderung statt, weil die gemessene Arbeitslosigkeit weniger schwankungsanfällig ist als das Produktionsniveau: Grund: Fluktuationen in Arbeitsstunden pro Arbeiter und/oder versteckte Unterbeschäftigung, erklärt Okun. Aufgrund einer Abbildung, die den Zeitraum II. Quartal 2008 bis III. Quartal 2009 erfasst, zeigt Neely auf, dass die meisten anderen Industrieländer einen grösseren Okun-Koeffizienten aufweisen als die USA.

Die Arbeitslosenquote in den meisten Industrieländern schwanke bei einem gegebenen Produktionsniveau weniger stark als die der USA, betont Neely. Die gewöhnliche Erklärung dafür sei, dass die Arbeitsmärkte in den USA, Kanada und Grossbritannien weniger stark reguliert sind. Das erkläre den relativ starken Anstieg der Arbeitslosigkeit in diesen Ländern, argumentiert Neely. Natürlich ändert sich der Okun-Koeffizient mit der Zeit, weil das Verhältnis zwischen dem Output und der Arbeitslosigkeit von den Gesetzen, der Technologie, den Präferenzen und der Demographie usw. abhängt. In Ländern mit stark regulierten Arbeitsmärkten klettere die Arbeitslosigkeit höher, schlussfolgert der Autor. Die Hypothese der Arbeitsmarkt-Rigiditäten, die der Autor vertritt, berücksichtigt aber nicht, dass die Arbeitslosigkeit vorwiegend aus schwacher (Binnen-)Nachfrage resultiert, die wiederum durch eine restriktive Fiskal- und Geldpolitik ausgelöst wird. Ausserdem darf nicht vergessen werden, dass ein engmaschiges Sozialsystem die sozialen Kosten abzufedern verhilft und für eine stabile Nachfrage sorgt. Die Konsumausgaben machen immerhin rund 70% der Wirtschaftsleistung aus. In Zahlen: Der Wert der privaten Nachfrage beträgt in den USA rund 9'800 Mrd. US-Dollar.

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