"Wie die Krise gezeigt hat, ist eine der grössten Bedrohungen für die Vielfalt und Leistungsfähigkeit unseres Finanzsystems das verderbliche Problem der Finanzinstitute, die als „too big to fail“ (TBTF) verurteilt sind", erklärte Ben Bernanke in einer Rede am Wochenende in Orlando (Florida). Der Fed-Präsident zählt TBTF zu den wichtigsten und heimtückischen Hindernissen für den Wettbewerb im Bereich „Finanzdienstleistungen“. Kurz gesagt, „um ein wettbewerbsfähiges, vitales und innovatives Finanzsystem zu haben, in dem Marktdisziplin Effizienz und Risikokontrolle fördert, müssen wir das TBTF-Problem ein für alle Mal lösen“, so Bernanke. Wie kann das geschehen? Bernanke legt drei Ansatzpunkte vor. Einige Vorschläge seien bisher unterbreitet worden, um die Grösse und die Tätigkeit von Finanzinstituten zu begrenzen. Einige dieser Ideen seien es Wert, sorgfältig geprüft zu werden. Sicherlich sollten die Aufsichtsbehörden die Befugnis erhalten, die Beteiligung von Finanzunternehmen an unangemessenen riskanten Aktivitäten zu begrenzen, argumentiert Bernanke. „Aber selbst wenn diese Vorschläge umgesetzt werden, braucht unsere technologisch anspruchsvolle und globalisierte Wirtschaft noch grosse, komplexe und international tätige Finanzunternehmen, um den Bedürfnisse von multinationalen Unternehmen gerecht zu werden, und um den internationalen Austausch von Waren und Kapital zu erleichtern, sowie die Vorteile von „economics of scale“ (Grössenvorteile) in Anspruch zu nehmen“, ist Bernanke überzeugt.
Das ist jedoch eine fatale Annahme, wie Simon Johnson in The Baseline Scenario zu Recht kritisiert. Die Wirtschaft ist heute keineswegs auf Grossbanken angewiesen. Siehe auch hier.
Um das TBTF-Problem anzugehen, bevorzugt die Fed ein dreiteiliges Konzept: (1) Weiterentwicklung und Umsetzung von strengeren Regeln und Aufsicht, um die Risiken, die von grossen und komplexen Finanzunternehmen eingegangen werden, zu reduzieren. Die Fed plädiert m.a.W. für höhere Eigenkapitalanforderungen und Liquiditätsvorschriften, um das Risikomanagement von Finanzunternehmen zu verbessern. (2) Die zweite Komponente des Fed-Konzepts zielt darauf ab, die Widerstandsfähigkeit des Finanzsystem zu erhöhen, um auf diese Weise den möglichen Schaden aus einem systemischen Ereignis („systemic event“) wie dem Ausfall eines grossen Unternehmens zu reduzieren. Als Beispiel erwähnt der Fed-Präsident die Einrichtung einer zentralen Clearing-Stelle für die Abwicklung von Credit Default Swaps (CDS) und anderen Derivaten wie beispielsweise Repos. (3) Weil staatliche Aufsicht allein nie ausreichen wird, so Bernanke, um alle Risiken zu antizipieren, sei „ein wachsendes Marktdisziplin“ ein wesentliches Stück jeder Strategie zur Bekämpfung der TBTF-Problematik. Es bedürfe daher eines neuen rechtlichen Rahmens. „Wir brauchen eine Alternative zur Auflösung von gescheiterten Unternehmen, die weder insolvent sind noch Bailout bekommen“. Also eine Auflösungsbehörde („resolution authority“).
Fazit: Strengere Regulierung: gut und schön, aber was, wenn wieder ein Präsident an die Macht kommt wie Reagan oder Bush, der Banken erneut gewähren lässt? Die Grossbanken halten heute nach wie vor daran fest, implizit eine wirksame Erpressung in Richtung Fed und Politik auszuüben: "Rette uns grosszügig, sonst geht die Weltwirtschaft unter". Simon Johnson verweist darauf, dass Paul Volcker all diese Probleme erkenne. Ben Bernanke habe noch die Gelegenheit, sich hinter die Volcker-Regel zu stellen. Aber worauf wartet der Fed-Chef noch?
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