Montag, 29. März 2010

Schuldensättigung

Die Debatte über steigende Staatsverschuldung geht weiter. Das beherrschende Thema ist das Ausmass der Haushaltsdefizite. Die Ökonomie-Lehrbücher sagen darüber nichts aus, was „hohe“ Verschuldung bedeutet. Wie hoch ist „hoch“? Es steht aber fest, dass die Ausgaben gesenkt werden, sobald die Weltwirtschaft wieder wächst. „Schuldenssättigung“ ist in diesem Zusammenhang ein interessantes Stichwort, auf das heute auch faz.net aufgreift. Die Phasendiagramme zeigen, dass die Grenzproduktivität der Staatsschulden sinkt. FT Alphaville lieferte am vergangenen Freitag die folgende Abbildung via Blog Nathan’s Economic Edge. Sinkt die Grenzproduktivität unter die Null-Linie, bedeutet das, dass der Anstieg der Verschuldung das nominelle Wirtschaftswachstum nicht mehr fördert. Paul Kedrosky erklärt aber, dass die aktuellen Daten im historischen Kontext mit dem BIP-Wachstum interpretiert werden sollten. Das Wirtschaftswachstum im Vorfeld der Finanzkrise war nämlich beispiellos.


Abnehmende Grenzproduktivität der Staatsschulden, Graph: Nathan’s Economic Edge (hat tip FT Alphaville)

Kedrosky vertritt die Ansicht, dass „wir mit einem deutlich rückläufigen marginalen Beitrag zum BIP rechnen sollten, wobei kein Geheimnis oder Phasenübergang erforderlich ist“. Tatsächlich war es so, dass das BIP-Verschuldungs-Verhältnis in Rezessionen vor 1970 auch gegen Null und darunter gesunken ist. Genau wie heute, erinnert Kedrosky. Das bedeutet nicht, dass die Verschuldung ok ist, aber es bedeutet auch nicht, dass sie nach De-Leveraging (Schuldenabbau) und Zeit nicht wieder zum BIP-Wachstum beitragen kann, hält Kedrosky fest.


Grenzproduktivität der Staatsschulden, Graph: Paul Kedrosky

In dieser Tabelle hat Kedrosky die Daten aus der Fed St. Louis zusammengetragen, welche die Beziehung auf vierteljährlicher Basis im Jahresvergleich zwischen den Verbraucher-Schulden und dem BIP-Anstieg über die vergangenen Jahrzehnten zeigen. Im Wesentlichen zeigt sich, dass 1 $ neuer Schulden der Verbraucher zwischen 1960 und 1998 einen Beitrag zum BIP-Wachstum zwischen 1,25$ und 3,00$ geleistet hat. Nach 1998 wird das Verhältnis zermatscht. 1$ Schulden trägt 0,75$ zum BIP-Wachstum bei, bis die Kernschmelze am Finanzmarkt 2008/09 die Richtung nach Süden drehte.

Fazit: Bei allem Respekt vor all den Beiträgen zum Thema „Staatsverschuldung“ darf man nicht vergessen, dass es ein Fehler ist, nur auf eine Seite der Bilanz zu schauen. Man muss auch die Vermögenswerte berücksichtigen. Der Haushaltsprognose der Obama-Administration zufolge dürfte die Staatsverschuldung 2020 rund 70% des BIP und das Haushaltsdefizit rund 4% des BIP betragen. Man braucht doch kein Haushaltsdefizit von Null, erklärt Paul Krugman, um in Sachen Schuldenstand vorwärts zu kommen. Ein Haushaltsdefizit von 2 bis 3% des BIP würde für eine stetig rückläufige Staatsquote (debt-GDP-ratio) sorgen, so Krugman. Wenn man also an die Prognosen der US-Regierung glaubt, benötigt man weitere 1 bis 2% des BIP an Einnahmen oder Kostensenkung. "Oder wir könnten die Steuern so viel erhöhen, dass wir immer noch die niedrigsten Steuern in den entwickelten Nationen weltweit haben“, argumentiert Krugman. Der einzige Grund, an der eigenen Fähigkeit zu zweifeln, die Dinge von heute an im nächsten Jahrzehnt unter Kontrolle zu bringen, ist die Politik, hebt Krugman hervor. „Wenn aber vernünftige Republikaner sich von Tea-Party-Gängern einschüchtern lassen, dann wären wir blockiert und hätten eine Fiskalkrise“, so Krugman anmahnend.

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