Sonntag, 14. März 2010

Finanzkrise: Wie schwer sind Ursachen zu systematisieren?

Nur wenige Ökonomen haben die gegenwärtige Finanzkrise voraussagen können und es gibt kaum eine Einigung unter Ökonomen, was die Krise verursacht hat, schreibt Robert Shiller in seiner Kolumne („A Crisis of Understanding“) in Project Syndicate. „Natürlich wissen wir, dass die Leute kein Geld ausgeben, weil ihr Einkommen gesunken, und ihre Jobs gefährdet sind“, fügt er hinzu. Wie hat das alles aber begonnen? Warum hat sich die Lage verschlechtert? Ökonomen wissen keine Antwort darauf zu geben. Das war während der Grossen Depression nicht anders, hält Shiller fest. Was waren die Ursachen der Rezession? Die Vielzahl der Antworten schien schon damals verwirrend und war nicht vertrauenserweckend. Obwohl die ökonomische Theorie heute wesentlich verbessert worden ist, bekommen wir von Menschen, die wir befragen, dieselben Antworten:

Beispiellose Immobilien-Blase, der weltweite Überschuss an Ersparnissen, globale Handelsungleichgewichte, exotische Finanzprodukte, subprime-Hypotheken, unregulierte over-the-counter-Märkte, fehlerhafte Rating-Agenturen, Selbstgefälligkeit, was Ausfallrisiken betrifft usw. Viele oder die meisten dieser Leute haben überwiegend oder teilweise Recht: Die Wirtschaftskrise wurde durch ein Zusammenwirken zahlreicher Faktoren ausgelöst, erklärt Wirtschaftsprofessor an der Yale Universitiy. Gerade an diesem Punkt, dem grosse Aufmerksamkeit geschenkt wird, zerstört sich das öffentliche Vertrauen und setzt eine negative Feedback-Schleife, behauptet Shiller. „Unsere Aufmerksamkeit gilt den schlimmsten Ereignissen, weil es sich dabei um statistische Ausreisser handelt, deren Ursachen vielfältig sind“, so Shiller. Die Chaos-Theorie in der Mathematik erklärt solche Abhängigkeiten von abgelegenen und scheinbar trivialen Anfangsbedingungen und erläutert, warum auch die Extrapolation der scheinbar genauen planetarischen Bewegungen (im Fall von Erdbeben) unmöglich ist. Das Problem für Makroökonomie ist, dass die Arten von erwähnten Ursachen für die derzeitige Krise schwer zu systematisieren sind. Die mathematischen Modelle, die Makroökonomen anwenden, sind Wetterprognose-Modellen in mancher Hinsicht ähnlich. Aber ihre strukturelle Integrität ist nicht durch eine solide und unveränderliche Theorie gestützt, argumentiert Shiller. Das wichtigste neue Buch über die Ursprünge der Wirtschaftskrise ist „This Time is Different“, von Kenneth Rogoff und Carmen Reinhart. „Das Buch ist eine Zusammenfassung der Lehren aus praktisch jeder Krise aus jedem Land, die gezogen worden sind. Aber das Buch ist ausschliesslich nicht-theoretisch. Es dokumentiert bloss die wiederkehrenden Muster. Als Ergebnis wissen wir nicht, ob die Erholung aus der anhaltenden Finanzkrise solide oder enttäuschend sein wird“, schlussfolgert Shiller.

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