Alan Greenspan war während seiner Amtszeit als ein unerbittlicher Anhänger der „Effizienzmarkttheorie“ aufgefallen. Die irreführenden Ideen von Mainstream-Ökonomen, welche vehement die Deregulierung der Finanzmärkte legitimiert hatten, basierten auf den Grundsätzen dieser Denkschule („Staat ist Problem, Markt ist Lösung“). Die Deregulierung führte bekanntlich zu einer noch nie dagewesenen Kreditexpansion, die dann im Zusammenbruch der weltweiten Kreditmärkte endete. In einem Bericht („The Crisis“, pdf file), den er heute Brookings Institution präsentiert, deutet Greenspan vorsichtig hin, dass die Regulierungsbehörden die grossen Finanzinstitute dazu hätten zwingen sollen, mehr Eigenkapital zu halten. Die New York Times (NYT) nennt den Bericht „analytisch und apologisch“. Der ehem. Präsident der US-Notenbank (Fed) plädiert nämlich indes für „ein gewisses Mass an mehr Bankregulierung in verschiedenen Bereichen“. Der Bericht (48 Seiten), der nüchtern geschrieben wurde, ist, wie die NYT kommentiert, keineswegs als „mea culpa“ zu verstehen.
Greenspan argumentiert, dass die Regulierungsbehörden mehr Sicherheiten (collateral) und Eigenkapitalanforderungen erzwingen sollten. Zudem sollten laut Greenspan bestimmte Arten von Kreditvergabe eingeschränkt, ja sogar verboten werden. Der ehem. Fed-Chef hält sogar eine Festlegung von Insolvenzszenarien („willing wills“) für denkbar, um gebeutelte Banken in ordentlicher Weise abzuwickeln. Bemerkenswert ist, dass Greenspan in seinem Bericht öfters das Wort „bedauerlicherweise“ benutzt. FT Alphaville hat gezählt: 4x. In einem beachtenswerten Abschnitt schreibt Greenspan, dass „wir bei der Fed bereits im Jahr 2000 über Fälle von einigen höchst unregelmässigen „subprime mortgage unterwriting“ Praktiken wussten“. Doch bedauerlicherweise habe die Fed das Problem als zu lokalisiert betrachtet, um eine übliche aufsichtsrechtliche Überprüfung zu veranlassen. Die Fed habe also die Vorgänge nicht als Vorläufer einer Spekulationsblase am Subprime-Hypothekenmarkt angesehen.
Dennoch spricht sich Alan Greenspan im erwähnten Bericht (1) für höhere Eigenkapital- und Liquiditätsanforderungen, (2) für einen Mechanismus, der dafür sorgt, dass die Anleihen (minimal tangible capital requirement), wenn eine gewisse Schwelle unterschritten wird, in Eigenkapital umgewandelt werden, (3) dafür, dass der Staat eingreifen und grosse, eng vernetzte Finanzinstitute zerschlagen darf, bevor eine Panik sich ausbreitet und (4) für einen speziellen Konkursprozess, damit enge vernetzte Finanzunternehmen ordentlich liquidiert werden können, und zwar so, dass die Gläubiger einen Sicherheitsabschlag (haircut) hinnehmen müssen.
Fazit: Alan Greenspan weist es entschieden zurück, dass die Fed die Zinsen „zu niedrig zu lange“ gehalten habe. Als Ursache der „globalen Immobilienmarktblase“ sieht der Vorgänger des heutigen Fed-Präsidenten Ben Bernanke „geopolitische Ereignisse“. Greenspan argumentiert, dass „eine globale Immobilienblase in erster Linie von einem starken Rückgang der langfristigen Zinsen zwischen 2000 und 2005 ausgelöst wurde“, die „durch das exportorientierte Wachstum in den Entwicklungsländern, insbesondere China nach dem Ende des Kalten Krieges" angetrieben worden sei. Die hohen Ersparnisse an US-Dollar in diesen Ländern haben laut Greenspan das Geld für billige Kredite verfügbar gemacht.
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