Mittwoch, 17. März 2010

Repo 105 und Nachwirkungen

Drei ehem. Entscheidungsträger von Lehman Brothers (LB) sollen in einem Interview mit Max Abelson (hat tip Felix Salmon) gesagt haben, dass es vollkommen normal sei, Ende Quartal die Bilanz zu verfälschen. „Jeder tut es“. 50 Mrd. $ seien keine grosse Sache. Das würde nicht auffallen. Der einzige Grund, warum der Konkursprüfer so viel Lärm darum mache, sei, dass er damit sein Honorar rechtfertigen wolle. Die einzigen Leute, die sich über die Verwendung von einem alten Trick aufregen, um den Verschuldungsgrad von 13,9 auf 12,1 zu reduzieren, seien „Dummschwätzer“, so die drei ehem. LB-Führüngskräfte. Wie Abelson darauf hinweist, waren Führungskräfte von LB zugegen, als die Bilanzierungstricks angewandt wurden, wie die internen E-Mails laut Untersuchungsbericht dies dokumentieren. Die Frage ist aber, ob die Situation durch den Hinweis auf andere Banken, die angeblich auch ihre Bücher Ende Quartal mit Tricks verfälschen, besser wird, wundert sich James Kwak in The Baseline Scenario zu Recht. Auch wenn es sich dabei um Grenzfälle handeln sollte, scheint hier ein grosses Problem vorzuliegen.

William Black und Eliot Spitzer hatten bereits im Dezember in einem Artikel in NYT argumentiert, wie dringend die Notwendigkeit ist, die internen E-Mails, wichtige Buchungsbelege und Finanzierungsmodelle von AIG zu veröffentlichen. Der amerikanische Versicherungskonzern stand bekanntlich im Mittelpunkt der Finanzkrise. Drei Monate später, betonen die beiden Autoren in einem Beitrag („Time for Truth“: Three Card Monte is for Suckers“) in new deal 2.0, mache nun der Untersuchungsbericht von Anton Valukas deutlich, warum solche Untersuchungen für die Erholung des Finanzsystems von entscheidender Bedeutung sind. Jedes Mal, wenn man einen Blick darauf wirft, ergibt sich ein neuer Skandal, heben Black, Rechtsprofessor und Spitzer, der ehem. Staatsanwalt und Gouverneur von New York hervor. Der vernichtende, 2'200-seitige Bericht vom letzten Freitag enthüllt die Gründe für das Scheitern von LB im September 2008, halten die Autoren fest. Er zeigt auf, welche bilanzielle und ausserbilanzielle Buchführungstricks das Management von LB verwendet hat, um die Öffentlichkeit über die wahre Finanzlage der Bank zu täuschen. „Unsere Untersuchungen haben gezeigt, dass die Buchführung seit Jahren die „Waffe der Wahl“ für finanzielle Täuschung ist“, erklären Black und Spitzer. Die missbräuchliche ausserbilanzielle Buchhaltung („off-balance accounting“) war und ist endemisch, halten die Autoren fest. Sie war eine wesentliche Ursache der Finanzkrise und sie wird auch zu künftigen Krisen führen. Der Valukas-Untersuchungsbericht führt zugleich auch die gestörte Beziehung zwischen den Regulierungsbehörden des Landes und den systemisch gefährlichen Finanzinstituten (SDI: systematically dangerous institutions. Anmerkung: Prof. Black bevorzugt von SDIs zu reden, anstatt von TBTF) vor Augen. Die SDIs müssen dringend überwacht werden. Black und Spitzer verlangen eine sofortige Untersuchung durch den US-Kongress. Sie fordern die Behörden auf, wie im Fall von AIG, die E-Mails und interne Dokumente von New York Fed und Lehman-Führungskräften freigeben zu lassen. Welche Nachteile könnten sich daraus möglicherweise ergeben, wenn diese Daten der Öffentlichkeit für Analyse und Kontrolle zur Verfügung gestellt würden? „Wenn wir eine weitere, verheerende Finankrise verhindern wollen, müssen wir verstehen, was genau passiert ist und wer was weiss“, schreiben die Autoren zum Schluss ihres Artikels. Viele SDIs verstecken noch Schulden und Verluste. Und sie präsentieren ein trügerisches Bild ihrer Solidität. Schluss mit dem Falschspielertrick („Dreiblatt“)!

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