Die Swap-Zinsstrukturkurve ist derzeit invers. Invers bedeutet, dass die (Futures)-Kurse mit der Laufzeit fallen. Am 23. März sind die 10 Jahre Swap Spreads in den USA erstmals unter Null gefallen. Das heisst, dass sie negativ geworden sind. Aktueller Stand: Minus 7,50 Basispunkte. Die 30 Jahre Swap Spreads verharren schon längst negativ. Aktueller Stand: Minus 25,72 Basispunkte. Die Spreads in diesem Segment sind erstmals im Oktober 2008 unter die Null-Grenze gerutscht. Wie ist jetzt die Siuation zu deuten, dass die 10 Jahre und 30 Jahre Swap Spreads negativ sind? Was kann der Grund sein? (a) Hat es mit Kreditrisiko zu tun? Das heisst, dass das Risiko steigt, dass aufgrund eines Zahlungsausfalls der Gegenpartei in einer Finanztransaktion ein Verlust entsteht. Konkret: Muss man also eine unmittelbar drohende Zahlungsunfähigkeit der USA (angesichts der steigenden Staatsverschuldung) befürchten? Sind m.a.W. die Bond Vigilantes wieder am Werk? Oder (b) Hat es mit Nachfrage zu tun?
10 Jahre Swap Spread, Graph: Bloomberg.com
Meine Einschätzung: Das Ganze hat mit derivate-getriebenen Hedging-Nachfrage zu tun. Die negativen Swap Spreads stellen m.a.W. keine Vorbote für eine massive Versorgung der Anleihemärkte mit US-Staatsanleihen durch das amerikanische Schatzamt dar. Weil alle heute für Hedging-Zwecke variable Zinsen zahlen und fixe Zinsen beziehen wollen. D.h. feste Zinsen werden gegen variable getauscht („swap“), weil dieses Geschäft günstig ist, solange Zinsen nicht steigen. Zugegeben ist es eine bizarre Situation. Die Swap-Sätze liegen gewöhnlich höher als die Treasury-Renditen, weil die variablen Zinszahlungen auf Erwartungen für Libor basieren. Der Libor-Satz gilt bekanntlich als Mass von Wahrnehmung der Investoren für Kreditrisiken. A propos Kreditrisiko: Es zählt zu den Determinanten von Swap Spreads. Wenn von Kreditrisiko die Rede ist, kommt man am Thema „Credit Default Swaps“ (CDS) nicht vorbei. Mit diesen Instrumenten kann man sich im Kreditmarkt gegen einen Zahlungsausfall versichern. Der Käufer eines CDS zahlt i.d.R. eine vierteljährliche Prämie an den Verkäufer, der den Käufer im Falle eines Zahlungsausfall kompensieren muss. Nach aktuellen Angaben von DTCC sind z.Z. 415 CDS-Kontrakte auf US-Staatspapiere ausstehend, im Wert von insgesamt 2,25 Mrd. $. Wenn man bedenkt, dass das Publikum derzeit US-Staatsanleihen im Wert von 8'150 Mrd. $ hält, ist das CDS-Volumen auf US-Treasuries sehr gering. Im Vergleich: Der Wert der CDS, die Investoren gekauft haben, auf Staatsanleihen Italiens belaufen sich auf 25 Mrd. $. Auf Staatsanleihen Spaniens auf 15,6 Mrd. $. Der amerikanische Staat steht zudem seit dem Ausbruch der Krise hinter den Papieren von Fannie Mae und Freddie Mac im Wert von rund 5'000 Mrd. $. Die CDS werden heute v.a. in Erwartung gekauft, sie zu einem höheren Preis weiterzuverkaufen, wie Daniel Gross in einem lesenswerten Artikel in Slate beschreibt. Mit CDS fährt also niemand „buy-and-hold“-Strategie. Das Eingehen von Wetten mit CDS kostet nicht viel. Es winken zudem viel höhere Renditen (Einsatz-Verdopplung ist möglich) als auf dem Anleihemarkt. Investoren können CDS-Verträge abschliessen, selbst wenn sie die abzusichernden Anleihen gar nicht besitzen. Und sie bekommen praktisch unbegrenzte Möglichkeiten, Fremdkapital einzusetzen. Denn falls die Gegenpartei die Anleihen nicht liefern kann, werden Wertdifferenzen durch Bargeld ausgeglichen. Gross verweist darauf, dass die Investoren, welche Finanzinstrumente von AIG gekauft haben, ausbezahlt worden sind, aber nur, weil die US-Regierung das Unternehmen gerettet hat („bailout“). Wer würde aber das US-Schatzamt und die US-Notenbank retten? Oder anders gefragt: Wer würde die CDS bedienen, also für die Versicherung aufkommen, falls die USA zahlungsunfähig wären? Per Definition ist es nicht möglich, schreibt Gross weiter, dass ein CDS-Käufer im Fall des Zahlungsausfalls eines TBTF-Unternehmens kompensiert würde. Fazit: Mit CDS wird heute auf dem vorwiegend unregulierten Kreditmarkt v.a. waghalsig gezockt. Die Entwicklung in diesem Markt sollte daher im Lichte dieser Erfahrung und Erkenntnis interpretiert werden.
30 Jahre Swap Spread, Graph: Bloomberg.com
Im Übrigen fielen auch in Japan während des De-Leveraging-Prozesses (Balance Sheet Recession) Anfang 2001 die Swap Spreads mit der Laufzeit von 2, 5 und 10 Jahren unter die Null-Linie. In dem unten abgebildeten Diagramm (hat tip Tracy Alloway FT Alphaville) sieht man den interessanten Verlauf der Swap Spreads.
Swap Spreads Japan, Graph: Courtesy of Takayasu Ito
Libor USD 3 Monat, Graph: Bloomberg.com
Determinanten von Swap Spreads
(1) Default Risiko:
Rendite-Spread zwischen 10 Jahre Unternehmensanleihen und 10 Jahre UST
(2) Liquiditätsprämie:
Das ist der Betrag, um den die Forward Rates über den erwarteten zukünftigen Spot Rates liegen. Messbar im Form von TED-Spread (3 Monats Libor – 3 Monat UST).
(3) Neigung der Renditekurve:
Gemeint ist die Zinsstrukturkurve, d.h. die Beziehung zwischen Zinssätzen und ihren Laufzeiten: Rendite-Differenz zwischen 2 Jahre UST und 10 Jahre UST.
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