Die Ratingagenturen gehören zu wenigen schuldigen Protagonisten der anhaltenden Finanzkrise, die vollkommen ungeschworen davon gekommen sind. Dabei ist ihr Geschäftsmodell höchst umstritten. Interessenkonflikte sind a priori vorprogrammiert. Denn die Ratingagenturen erteilen (1) Bonitätsnoten und sie bieten zugleich (2) Beratung und Rating für Finanzprodukte an. Wer zahlt für die Ratings? Die Emittenten, vornehmlich Banken. Es waren die Ratingagenturen, die die Banken beraten haben, wie hypothekenbesicherte Wertpapiere zu strukturieren sind. Dann haben sie selbst die Qualitätsprüfung vorgenommen und bereitwillig die beste Bonitätsnote („AAA“) erteilt. Die Regulierungsbehörden haben sich darauf vertraut. Die Politik hat sich aber dieser Problematik nicht angenommen. Die Zentralbanken haben die Ratingagenturen nach Belieben gewähren lassen. Die Ratings der Agenturen wurde nie kritisch hinterfragt. Die staatliche Bankenaufsicht liegt also bisher weiterhin in privaten Händen. Nun scheint sich das Blatt etwas zu wenden. Weil Not am Mann ist. Die EZB plant nach Informationen von Handelsblatt die Gründung einer eigenen Ratingagentur, um sich von der Abhängigkeit der Ratingagenturen zu befreien.
Die Lage ist z.Z. ziemlich präker. Die EZB akzeptiert bei der Finanzierung der Banken nur Staatsanleihen als Sicherheit, wenn zumindest eine der drei Ratingagenturen den jeweiligen Staat mit der Bonität „A„ bewertet. Die Ratingagenturen S&P und Fitch haben im Zuge der Finanzkrise die Bonitätsnote der griechischen Staatsanleihen auf „BBB-„ gesenkt. Nur Moody’s stuft Griechenlands Rating mit „A2“ ein. Senkt Moody’s als letzte Ratingagentur ihre Note für Athen, dann würden keine Banken in der EU griechische Staatspapiere kaufen, da sie diese für Repo-Geschäfte bei der EZB nicht hinterlegen können. Die EZB kann ihren Unmut nicht verstecken. Sie vermittelt den Eindruck, als ob das Schicksal der Euro-Zone vom Wohlwollen einer einzigen Ratingagentur abhängen würde. Das Minimalrating liegt derzeit nur bei „BBB-„ allerdings als Ausnahmeregel wegen der Finanzkrise. Die EZB hat aber längst angekündigt, dass die Regel Ende Jahr definitiv auslaufen wird. Das ist fatal. Die EZB hatte bereits im Sommer 2008 einen weiteren schwerwiegenden Fehler gemacht, indem sie ihre Leitzinsen erhöhte, anstatt zu senken. Dadurch wurde die Finanzkrise erheblich schwerer. Nun erlebt der Markt die misslichen Folgen.
„Wir können die Ratingagenturen nicht verändern“ sagt ein EZB-Ratsmitglied laut FTD. Das ist natürlich ein blanker Unsinn. Die Ratingagenturen bezeichnen sich nach amerikanischem Recht als „Journalisten“ und berufen sich auf das Recht der freien Meinungsäusserung. Damit unterliegen sie keinerlei Haftungspflichten. Je mehr Testate sie vergeben, desto mehr verdienen sie. William Black (siehe Interview) schlägt daher vor, Ratingagenturen zu verstaatlichen oder ganz abzuschaffen. Auch Peter Bofinger ist für die Gründung einer staatlichen Rating-Agentur, wie er dies in seinem Buch beschreibt. Ohne die irreführenden Bewertungen der Ratingagenturen hätte sich die Krise auf den Finanzmärkten kaum so weit entwickeln können.
1 Kommentar:
Das Hauptproblem liegt meines erachtens ganz klar in der fehlenden Haftung. Komisch nach deutschem Recht ist das Ganze so nicht vorstellbar.
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