Simon Johnson (MIT’s Sloan School of Management) und Peter Boone (London School of Economics) befassen sich in einem lesenswerten Essay in The New York Times mit der aktuellen Frage, wie gross eine Bank sein muss, um die Kunden angemessen zu bedienen? Braucht die globale Wirtschaft wirklich Grossbanken? Die beiden Autoren betrachten den Tatbestand kritisch, dass Ben Bernanke, der Fed-Präsident an der Seitenlinie bleibt, während ein wichtiges Argument unter hochrangigen Politikern ausgebrochen ist: Zerschlagung der Grossbanken. Oder können Grossbanken so reguliert werden, dass sie sich dauerhaft gut benehmen? Die Frage ist zu wichtig und die Einsätze sind zu hoch, um sich davor zu drücken, eine Meinung zu haben, halten Johnson und Boone fest.
Bernanke scheint aber Status quo für den Bankensektor beibehalten zu wollen. Der Fed-Chef betont die Vorteile der grossen und komplexen Finanzunternehmen. Die Beweislage in diesem Zusammenhang basiert aber im besten Fall auf schwachen Beinen, so die beiden Wirtschaftswissenschaftler. Es gebe drei Arten von Beweismaterial: (1) Ergebnisse aus der akademischen Forschung über die Erträge im Vergleich zu der Grösse im Bankgeschäft, (2) die gegenwärtige und voraussichtlich künftige Politik in anderen Ländern, und (3) die tatsächlichen Praktiken im Bankensektor. Erstens zeigt die Forschung, dass es nicht nur Vorteile, sondern auch Kosten gibt. Im Bankensektor existieren economies of scales (Grössenvorteile, d.h. Skaleneffekte) nur bis zu einem (relativ niedrigen) Niveau der Bilanzsumme, während economies of scope (d.h. Diversifikationsvorteile) schwer erfassbar sind. Der Nutzen aus der Diversifikation ist über Länder hinaus klein. Wir wie in den letzten Monaten gelernt haben, nehmen die Korrelationen zwischen verschiedenen Märkten und Anlageklassen während Krisen rasch zu. Das reduziert die Vorteile der Diversifikation. Zweitens ist die Politik in anderen Ländern von Bedeutung, weil manche fürchten, dass die Zerschlagung der Banken in den USA das Land im Wettbewerb gegenüber Banken aus Europa schwächen würde. Die EU hat aber neulich den Finanzkonzern ING gezwungen, Bank und Versicherungsgeschäfte zu trennen. Bald dürfte der Druck auch auf britische Banken zunehmen. Drittens ist die Geschäftsentwicklung in der Praxis so, dass Investment-Banking Transaktionen von einem Konsortium über die Bühne gebracht werden. Das Aktien-Angebot von General Electric z.B. wurde im Oktober 2008 von sieben Lead Managers ausgeführt. Auch die Anleihen-Emission von Microsoft ist von vier Lead Managers und drei Joint Leads begleitet worden. Auch wenn ein Nichtfinanz-Unternehmen ein grosses Bankdarlehen aufnimmt, geschieht das über ein Konsortium, um Risiken zu verteilen. OK, es gibt einen Bereich, wo die Banken mit der Grösse ihrer Bilanz hinter einer Transaktion stehen: Fusionen. Wenn sie einen Überbrückungskredit gewähren müssen, haben die Grossbanken Vorteile. Andererseits war aber diese Art von Risikoübernahme ein Grund für Banken, in Schwierigkeiten zu geraten. Siehe die Asien-Krise von 1997-98.
Johnson und Boone nennen als weiteres Beispiel Goldman Sachs. Die Bank verfügte 1998 über Vermögenswerte im Betrag von 217 Mrd. $. Das entspricht rund 270 Mrd. $ von heute. Aktuell verfügt GS über 1'000 Mrd. $ Vermögenswerte. Kann es sein, dass die ideale Grösse einer Bank in zehn Jahren so drastisch steigt? Lehman Brothers verfügte damals über 154 Mrd. $. Als der Wert aber 600 Mrd. $ überstieg, scheiterte die Bank. Bei Derivaten sei es wichtig, einen tiefen Markt zu haben, aber nicht unbedingt grosse Banken, schlussfolgern die beiden Autoren.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen