Montag, 18. Mai 2009

Spar-Paradoxon

Die Nachfrage besteht aus vier Komponenten: (1) Privatverbrauch, (2) Investitionen, (3) Ausfuhren und (4) Staatsausgaben. Das Angebot hat zwei Elemente: (1) Inlandsproduktion und (2) Einfuhren. In wirtschaftlich schwierigen Zeiten neigen Haushalte dazu, mehr zu sparen. Wenn aber alle Haushalte gleichzeitig sparen, d.h. ihre Ausgaben signifikant kürzen, vermindern sie die Absatzchancen der Unternehmen. Unternehmen investieren weniger, da ihr Gewinn zurückgeht. Es kommt folglich zu Entlassungen. Das Volkseinkommen sinkt. Mehr Ersparnis der privaten Haushalte führt nicht zu mehr Investitionen. Das nennt man Spar-Paradoxon („paradox of thrift“). Denn jede Ausgabe eines Einzelnen ist das Einkommen eines anderen.

Kollektives Sparen hat also verheerende Folgen für die Wirtschaft. Wenn private Haushalte, Unternehmen und Staat gleichzeitig sparen, dann wird es besonders problematisch. Während der „Grossen Depression“ 1929/30 hat Reichskanzler in Deutschland durch seine Konsolidierungspolitik den Zusammenbruch der Weimarer Republik ausgelöst. Damit war den Nationalsozialisten der Weg an die Macht geebnet. Der Staat ist also besser beraten, nicht der Versuchung zu unterliegen, in einer Rezessionsphase seinen Haushalt zu sanieren. Wenn heute die Depressionsphase in den USA inzwischen als gebannt betrachtet wird, ist es allein der expansiven Geld- und Fiskalpolitik zu verdanken. Das Wachstum kann also über die Nachfrage wieder in Gang gebracht werden. Wenn die Wirtschaft in einem Sparparadoxon steckt, kann der Staat durch Verschuldung die Nachfrage generieren. Nur so kann eine Wirtschaft während einer Rezession angekurbelt werden. Ansonsten würden die gesellschaftlichen Kosten der Untätigkeit viel höher ausfallen. Die Empirie zeigt ausserdem, dass mit einem hohen Wirtschaftswachstum ein niedriges Staatsdefizit einhergeht.

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