Nach der halben Amtszeit des Präsidenten wählt Amerika am Dienstag den Kongress. Wer finanziert aber die Wahlen in den USA? „Wahlkampfspenden von Nicht-US-Bürgern ist ein riesiges Problem, welches hinter der Midterm-Wahl lauert. Und sie werden im Jahr 2012 noch wichtiger“, bemerkt Simon Johnson in einem lesenswerten Essay („Foreign Money, National Security, And The Midterm Elections“) in The Baseline Scenario. Die wirtschaftliche Dynamik sieht wie folgt aus: (1) Amerikaner haben eine langjährige und fundierte Abneigung gegen ausländische Beteiligung an ihrer Politik und es ist gut etabliert, dass das zum Teil durch kommerzielle Strukturen der Unternehmen geschehen kann, erklärt Johnson. Thomas Jefferson hatte Widerstand gegen Alexander Hamiltons Plan, eine Nationalbank einzurichten, geleistet, weil er befürchtete, dass sie in irgendeiner Form ein Strohmann für die Briten werden würde. Dubai Ports World wurde nicht erlaubt, in den USA zu investieren, aus Sicherheitsgründen.
(2) Der Oberste Gerichtshof hat festgestellt, dass Unternehmen praktisch unbegrenzt politische Beiträge leisten können, offentsichtlich nicht verstehend und sich nicht darum kümmernd, dass (a) Management eine treuhänderische Verantwortung für die Aktionäre trägt, (b) Globalisierung mehr ausländische Aktionäre bedeutet und (c) wichtige strategische Anteilseigner zunehmend Ausländer sind, erläutert Johnson. Der ehem. Chefökonom des IWF erinnert in diesem Zusammenhang an die Rolle der Sovereign Wealth Funds (SWF), welche in den Jahren 2007/08 Gelder für das US-Bankensystem bereitgestellt hatten. (3) Während der Reagan-Ära und noch mehr im Rahmen der Amtszeit des Präsidenten George W. Bush wiesen die USA ein grosses Leistungsbilanzdefizit von 6% des BIP auf, vor der Krise von 2008. „Man mag denken, dass das ein technisches Detail und für den politischen Prozess weitgehend irrelevant ist. Aber man läge damit falsch“, argumentiert Johnson. Die USA finanzieren ihr Leistungsbilanzdefizit mit Kapital aus dem Ausland, hält der an der MIT Sloan lehrende Wirtschaftsprofessor fest: „Ausländer kaufen und halten finanzielle Vermögenswerte in den USA. Einige dieser Finanzanlagen sind Staatsanleihen. Nicht-US-Bürger kaufen aber traditionell und zunehmend auch Anteile an Körperschaften, einschliesslich Vorzugsaktien“.
„Es gibt gute wirtschaftliche Gründe, Ausländern zu erlauben, Finanzanlage in den USA zu kaufen. Die USA wollen auch in der ganzen Welt investieren. Ein hohes Mass an Reziprozität ist nur vernünftig“, ist Johnson überzeugt. Die politische Realität ist jedoch, dass Ausländer Forderungen gegenüber den USA ansammeln und zunehmend in Unternehmens-Vermögenswerte diversifizieren. Einige dieser Unternehmenswerte gehen ausdrücklich mit Stimmrechten einher. Die Stimmrechte betreffen aber das Unternehmen. Sie bedeuten nicht Stimmrechte an politischen Wahlen. „Wir haben Ausländern effektiv das Wahlrecht verliehen. Dies ist eindeutig und absolut nicht das, was die Verfasser der Konstitutionen im Sinne hatten“, hebt Johnson hervor. Die Dissonanz zwischen unseren politischen Werten und der politischen Realität wird im Verlauf der Zeit wachsen. Es sei denn, man denkt, dass das Leistungsbilanzdefizit sich in Zukunft in einen Überschuss wandelt. „Der einzige Weg, damit umzugehen, ist die vollständige Offenlegung von allen juristischen Personen (und von ähnlichen „Schleiern“ wie Investmentfonds aller Art) in Bezug auf die Beiträge, die sie an eine Organisation oder Einzelperson leisten, welche in politischen Kampagnen oder Benachrichtungssystemen beteiligt sind“, fordert Johnson.
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