Die türkische Zentralbank (CBT ) hat die aktuellen Zahlen für die Zahlungsbilanz im September bekanntgegeben. Zwischen Januar und September 2010 hat die Handelsbilanz ein Defizit von 37'545 Mio. $ verbucht, im Vergleich zum Defizit von 17'507 Mio. $ in der Vorjahresperiode. Die Leistungsbilanz wies ein Defizit von 32'479 Mio. $ (ca. 5% des BIP) auf, im Vergleich zum Defizit von 9'761 Mio. $ in derselben Zeitperiode vor einem Jahr. Auf Monatsbasis ergab sich im September ein Leistungsbilanzdefizit von 4'079 Mio. $.
Türkei: Leistungsbilanzdefizit mit und ohne Energie-Einfuhren, Graph: Tevfik Aksoy, Morgan Stanley, Nov. 2010
Das Handelsbilanzdefizit hat sich in den vergangenen 12 Monaten um rund 80% ausgeweitet. Während die Einfuhren annualisiert um 23% gestiegen sind, sind die Ausfuhren nur um 13% gewachsen. Warum? Weil (1) Energie und damit verbundene Importe annualisiert um 13% (auf 35 Mrd. $) geklettert sind, und (2) die schwache Nachfrage aus Europa gekoppelt mit der Euro-Schwäche in der ersten Jahreshälfte 2010. Doch der Hauptgrund für den starken Anstieg des Handelsbilanzdefizit sind die Einfuhren für die Fertigung und den Konsum, was teilweise mit der Aufwertung der türkischen Landeswährung zu tun hat. Obwohl die Anzahl der Touristen, die das Land besuchen, angestiegen ist, haben die Einnahmen aus dem Tourismus damit nicht Schritt halten können. Ein Erklärung dafür ist auf das Herkunftsland der Touristen zurückzuführen. Und „all inclusive“-Urlaubspakete bringen weniger Einnahmen für lokale Unternehmen ein.
Die direkten ausländischen Investitionen (FDI) haben mit nur 4,6 Mrd. $ deutlich Federn lassen. Dafür sind Porfolio-Zuflüsse auf 13 Mrd. $ gestiegen. Das zeigt aber, dass das hohe Leistungsbilanzdefizit durch die Kreditaufnahme des Banken- und Unternehmenssektors finanziert wird. Das ist jedoch nicht unbedingt eine gesunde Entwicklung. Dennoch gilt das hohe Leistungsbilanzsdefizit nicht als kritisch, da die Türkei als einer der wichtigsten Importeur von Erdöl und Erdgas ist, wobei ein wichtiger Teil der Stromerzeugung, Heizung und Fertigung von Energie-Einfuhren abhängt. Das hohe Defizit in der Leistungsbilanz ist im Wesentlichen auf Energie-Einfuhren zurückzuführen- In der Tat hat die Wirtschaft im Vorjaht einen Überschuss erzielt, wenn man die Energie-Importe nicht berücksichtigt. Die Energie-Importe machen seit rund 5 Jahren im Durchschnitt 22% der gesamten Einfuhren aus.
Türkei: Devisenreserven im Verhältnis zum BIP, Graph: Tevfik Aksoy, Morgan Stanley, Nov. 2010
Die Devisenreserven der Türkei sind inzwischen auf Rekordhöhe (80,3 Mrd. $) gestiegen, aber das Niveau ist im internationalen Vergleich nach wie vor gering. Die türkische Zentralbank (CBT ) dürfte jedoch weiterhin bemüht sein, das Ziel von 100 Mrd. $ anzusteuern.
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