Montag, 29. November 2010

MBS-Markt: Warum die Lieferunfähigkeit derzeit zunimmt

Die Lieferunfähigkeit, was den MBS-Markt betrifft, hat am vergangenen Monat ein Allzeithoch erreicht, wie Tracy Alloway von FT Alphaville berichtet. Der Wert der Wertpapiere, welche Händler nicht liefern konnten, belief sich zuletzt auf 1'000 Mrd. $. Zu Lieferausfällen (failure to deliver) kommt es, wenn ein MBS-Verkäufer das versprochene Wertpapier zum versprochenen Zeitpunkt nicht liefern kann. Es scheint, dass der Grund, warum die Lieferunfähigkeit in der letzten Zeit zugenommen hat, auf eine Kombination von extrem niedrigen Zinsen und auf die Tatsache, dass die Fed mit der QE-Politik am Markt für Agency-Debt (Hypotheken-Bonds von staatlichen Finanzierungsgesellschaften) eine marktbeherrschende Position eingenommen hat, zurückzuführen ist, schätzt FT Alphaville.


Lieferunfähigkeit steigt, wenn overnight Sätze niedrig sind, Graph: via FT Alphaville

Die Lieferunfähigkeit kann wegen der tendenziellen Sorgwirkung auf andere Händler zu einem wesentlichen Problem werden, wenn es dadurch zu  daisy chain“ (Verkettung, aber auch Kursmanipulation) und „round robin“ (Ringverteilung) Ausfällen kommt. Die Lieferunfähigkeit kann z.B. ein Kontrahentenrisiko auslösen, was den Kapitalbedarf am MBS-Markt erhöhen und damit den Kreditfluss einschränken würde.

Was kann die US-Notenbank (Fed) dagegen unternehmen? Die Fed kann wie im März 2009 (Ausfälle im Repo-Markt für US-Treasury Bonds) die Nicht-Lieferung mit einer Gebühr ahnden. Die Fed kann aber darüber hinaus Coupon-Swaps abschliessen, was in diesem Fall naheliegen würde. Einige Marktteilnehmer rechnen damit, dass die Fed anstatt Strafgebühren zu erheben, Coupon Swaps vorziehen würde, um die Liquidität im Markt aufrechtzuerhalten. Selbst wenn das Problem damit nicht ganz gelöst wäre, würden Coupon Swaps der Fed für eine Erleichterung im Markt sorgen.

Die Fed New York hatte z.B. mit Bezug auf die Ausfälle im Jahre 2004 darauf verwiesen, dass „daisy chains“ und „round robins“ letztlich nicht die Ursache von Lieferunfähigkeit gewesen sind. Die Ausfälle seien im Kern durch Short-Positionen von Bargeld (cash) und Repo-Markt-Teilnehmer verursacht worden. Sobald ein erhebliches Volumen an Ausfällen auftritt, halten Kreditgeber (lenders of collateral) manchmal die Sicherheiten (collaterals) zurück, weil sie besorgt sind, dass die bestehenden Ausfälle (Lieferunfähigkeit) die Wahrscheinlichkeit vermindern, dass die Sicherheiten ihnen zurückgegeben würden. Solche Vorenthaltungen werden folglich zu selbsterfüllenden Prophezeiungen.


Settlement Fails am Markt für US-Treasury Bonds, Graph: Federal Reserve New York

Ausfälle passieren im allgemeinen aus verschiedenen Gründen: (1) Missverständnisse. Oder Fehl-Kommunikation. Es kann vorkommen, dass der Käufer und/oder der Verkäufer eines Wertpapiers jeweils der eigenen operativen Abteilung nicht die genauen Angaben für eine bestimmte Transaktion mitteilt. Wenn der Verkäufer am Abrechungsdatum (Liefertermin) das einschlägige Wertpapier liefert, in dem Glauben, dass es sich dabei um die korrekte Menge handelt, kann der Käufer die Lieferung zurückweisen, weil er für die Transaktion nicht dasselbe Verständnis hatte. Findet die Abweisung gegen Ende des Handelstages statt, kann das Missverständbis aus Mangel an Zeit nicht geklärt werden. (2) Depotbank. Es kann vorkommen, dass die Depotbank (Wertpapierverwahrungsbank) wegen operationellen Schwierigkeiten die Wertschriften nicht liefern kann. Ein extremes Beispiel ist das Datum „September 11“, als die Terroranschläge verübt wurden. Broker-Häuser und Verzeichnisse waren vollkommen zerstört. Die Kommunikation und die Infrastruktur zwischen den Marktteilnehmern waren geschädigt. (3) Schliesslich kann es vorkommen, dass der Verkäufer nicht in der Lage ist, ein Wertpapier am Liefertermin zu liefern (fail to deliver), weil es davor zu einem Ausfall desselben Wertpapiers (fail to receive) am Liefertermin aus einer davon unabhängigen Kauf-Transaktion gekommen ist. Das kann natürlich zu einer Verkettung von Ausfällen („daisy chain“) führen, wenn A die Wertschrift an B nicht liefern kann und B dieselbe Wertschrift nicht an C verkaufen kann, wobei C eine ähnliche Transaktion mit D nicht mehr einhalten kann. Eine „daisy chain“ wird in diesem Fall rasch zu einer „round robin“, wenn der letzte Teilnehmer in der Kette selbst den ersten Teilnehmer nicht bedienen kann. (4) Ausfälle finden statt, wenn die Repo-Sätze für spezielle Kollaterals (Sicherheiten) sich Null annähern oder sogar Null werden. Im Allgemeinen wäre ein Marktteilnehmer dann besser dran, die Wertpapiere zu leihen (borrowing), um einen Ausfall zu vermeiden, selbst wenn die Zinsen der Kreditaufnahme in dem spezifischen Markt unter dem Repo-Satz (general collateral repo rate) liegen, weil die Alternative der Verzicht auf Zinsen insgesamt wäre. Allerdings wird dieser Anreiz weniger zwingend, wenn sich der spezielle Satz sich dem Null annähert, erklärt die Fed. Dann steigt die Nachfrage danach, die Wertschriften zu leihen, ungewöhnlich stark an, dem starken Leerverkauf (short selling) von Hedgers folgend.

Hier (und hier) ist eine allgemeine informative Erklärung für die Problematik „settlement fails“ (Abrechnungsausfälle bzw. Lieferunfähigkeit) durch die Federal Reserve Bank of New York.

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