Montag, 15. November 2010

Ben Bernanke: „Weltfeind Nr. 1“

„Etwas Seltsames ist auf dem Weg zum G-20-Gipfel-Treffen in Seoul passiert“, schreibt Gerald Epstein in TripleCrisis. „Weltweite Meinung hat sich gegen mengenmässige Lockerung (QE: quantitative easing) aufgelehnt“, hält er fest. „Die Kritik hat an seltsamen Orten Unterstützung gefunden. Die merchantalistische Politik Deutschlands und Chinas sowie die „pre-keynesianische Goldstandard-ähnliche“ Haltung der EZB werden zu einem virtuellen Mitnahmeeffekt“, erklärt Epstein. „Inzwischen entkommt der wahre Bösewicht der Kontrolle: Der Konsens der Elite ist, dass es zu viele Staatsschulden auf der Welt gibt und daher keine fiskalpolitische Expansion stattfinden kann“, fasst er zusammen. „Die grundlegende Situation in der heutigen Welt ist nicht geheimnisvoll: Wir sind mitten in einer Deleveraging-Krise, in der diejenigen, die hohe Schulden während der Great Moderation angehäuft haben, gezwungen sind, Schulden abzubauen, und zwar rasch“, fügt Paul Krugman in seinem Blog hinzu.

Das Problem in dieser Situation ist, dass jemand den Rückgang der Ausgaben der Schuldner zurechtbiegen muss oder die Welt sonst in eine deflationäre Krise rutscht, erklärt Krugman. Eine expansive Fiskalpolitik könnte die Arbeit machen. Die Geldpolitik kann zwar helfen, aber die herkömmliche Geldpolitik ist unwirksam, sodass die Expansion unkonventionelle Formen annehmen muss. Aber fast die ganze Welt weigert sich, etwas zu tun, was helfen könnte. Die Fiskalpolitik ist bereits durch das „Pain Causus“ getötet worden. Und es knöpft sich auch die Geldpolitik vor. Chinas räuberische Politik schadet allen anderen. Aber Ben Bernanke wurde irgendwie zum weltweiten Feind Nr. 1., argumentiert der an der Princeton University lehrende Wirtschaftsprofessor.

Die Europäer tun so, als ob sie sich vollständig erholt hätten. „Die Wahrheit ist aber, dass die industrielle Produktion in der Eurozone weiterhin unter ihrem Niveau von 2005 liegt und scheint, ins Stocken zu kommen“, legt Krugman dar. Weltweit haben wir wahrscheinlich eine Produktionslücke (output gap). Ressourcen gehen verloren, weil wir die produktive Kapazität nicht verwenden: zumindest 2'000 Mrd. $ jährlich, hält der Nobelpreisträger fest. Das Traurige daran ist, dass das völlig grundlos ist. Mit klarem Denken und ein wenig politischem Mut hätten wird den Abschwung inzwischen beenden können. Stattdessen scheint die Welt aber, nicht nur die USA, mehrere Jahre der Stagnation und Massenarbeitslosigkeit anzusteuern, schlussfolgert Krugman.

In einem offenen Brief („Open Letter on Ben Bernake“) wenden sich eine Reihe konservativer Ökonomen heute in WSJ an den Fed-Vorsitzenden Ben Bernanke. „Wir glauben, dass die Fed den grossen Anleihe-Kauf-Plan (sog. quantitative easing) überdenken und absetzen sollte, schreiben Ökonomen, die überwiegend der Republikanischen Partei nahestehen. „Wir glauben nicht, dass ein solcher Plan unter den gegenwärtigen Umständen notwendig oder zweckmässig ist. Die geplantenAnleihe-Käufe riskieren Währungsentwertung und Inflation und wir denken nicht, dass die Fed damit das Ziel der Beschäftigungsförderung erreichen wird“, argumentieren die Ökonomen, darunter Michael j. Boskin, David Malpass, John Taylor, Ronald I. McKinnon, Niall Ferguson usw. Zudem haben die Ökonomen bereits mit der Lobyy-Arbeit in Washington begonnen, um mehr Einfluss zu nehmen, wie WSJ berichtet.



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