„Es ist nicht schwer, die Attraktionen eines Goldstandards zu verstehen. Geld ist eine gesellschaftliche Konvention. Der Vorteil einer Bindung an das Gold (oder eine andere Ware) ist, dass der Wert des Geldes offensichtlich von Manipulation durch die Regierung frei wird. Das Ziel ist also Entpolitisierung des Geldes“, schreibt Martin Wolf in einem Essay („Could the world go back to the gold standard?“) in FT. Das Argument dafür ist, dass die Regierungen auf lange Sicht das Recht, bei Wunsch Geld zu erzeugen, immer missbrauchen werden. Die historische Erfahrung zeigt, dass das in der Tat der Fall ist, bemerkt Wolf weiter. Warum aber Gold wählen? Es ist immerhin ein unglaublich unbequemes Tauschmittel. Aber Gold hat eine lange Geschichte als eine weithin akzeptiertes Wertaufbewahrungsmittel. Wenn man ein vor-modernes Währungssystem wiedereinsetzen würde, wäre Gold der offensichtliche Ort, damit anzufangen, so Wolf. „Nach den Erfahrungen der letzten drei Jahrzehnte ist der Monetarismus von Milton Friedman nicht mehr eine glaubwürdige Alternative“, hält Wolf fest. Es ist aus zwei einfachen Gründen aufgegeben worden:
Gold Preis (1 Jahr: +27,88%), Graph: cnnmoney.com
(1) Es hat sich für Monetaristen als unmöglich erwiesen, sich zu einigen, was Geld ist, und (2) das Verhältnis zwischen einer gegebenen Geldmenge und einem nominalen Einkommen ist nachgewiesenermassen instabil, erklärt FT’s Chief Economics Commentator. Wäre also der Goldstandard die Antwort? „Wir müssten uns vorerst mit der Frage befassen, was eine Rückkehr zum Goldstandard bedeuten könnte, beschreibt Wolf weiter. (a) Die begrenzte Reform würde Zentralbanken veranlassen, die Anpassung der Zinsen im Lichte des Goldpreises einzustellen. Das wäre nur eine Form von Preisniveau-Steuerung. Warum soll man aber Goldpreis ansteuern, anstatt den Preis für Waren und Dienstleistungen als Summe? (b) Das entgegengesetzte Extrem wäre ein Schritt zurück in eine Welt metallischer Währung. Aber das Geld im Umlauf würde weiterhin überwiegend elektronisch erfolgen, mit einer kleinen Menge an Papier wie heute. Das ist die einzig praktische Möglichkeit, eine moderne Wirtschaft zu leiten, so Wolf. (c) Eine Rückkehr zum Bretton-Woods-System, in welchem die USA sich verpflichten Dollars in Gold umzutauschen, zu einem festen Preis nur für andere Regierung, würde jede Glaubwürdigkeit vermissen lassen, da es keine direkte Verbindung zwischen Goldaktien und der inländischen Geldmenge gibt, erläutert Wolf weiter. Beseitigt man diese Möglichkeiten, wäre die offensichtlichste Form eines zeitgenössischen Goldstandards ein direkter Zusammenhang zwischen Geldbasis und Gold. Die Geldbasis (Giroguthaben der Banken bei der Zentralbank + Notenumlauf) würde 100% mit Gold gedeckt sein. Die Zentralbank wäre dann ein „Currency Board“ mit Gold, mit der Rechenheit (sagen wir Dollar) in Bezug auf ein bestimmtes Gewicht von Gold. Es gibt aber drei Einwände, zählt Wolf auf: (i) Schwierigkeiten mit dem Übergang, (ii) Instabilität, und (iii) mangelnde Glaubwürdigkeit.
Das grösste Übergangsproblem ist das Missverhältnis zwischen dem Wert der offiziellen Goldbestände und der Grösse des Währungssystems. Der Goldwert bei den Zentralbanken beläuft sich auf rund 1'300 Mrd. $, während die globalen Einlagen im Bankensystem über 61'000 Mrd. $ (Daten von 2008) beträgt. Ein naheliegender Einwand sind „windfall gains“ für die Inhaber von Gold. Noch wichtiger ist, wenn Politiker am Anfang einen falschen Preis setzen würden, was sehr wahrscheinlich ist. Das würde entweder Deflation oder Inflation erzeugen, legt Wolf dar. Rund 90% des Goldes befindet sich offenbar nur in privater Hand. Die Expansion der monetären Basis könnte also enorm sein, so Wolf. Darüber hinaus sind Goldreserven auf der ganzen Welt recht unregelmässig verteilt. Manche Währungen würden Inflation oder schwere Deflation erleben.
Ein weitaus wichtigeres Problem ist das der Finanzstabilität. Es ist eine Verschwendung, eine 100%ige Reserve in einer Bank zu halten, wenn die Einleger das Geld fast ganze Zeit nicht gebrauchen. Die Banken haben einen starken Anreiz, einen Teil des bei ihnen abgelagerten Geldes zu leihen, sodass das gesamtwirtschaftliche Angebot an Geld und Kredit erweitert wird. Die Regierung würde versuchen, ein „narrow banking“ zu erzwingen. Die Banken müssten die Einlagen zurückhalten. Aber die Unternehmen könnten dann „quasi banks“ (d.h. eine Art „Schatten-Banken“) schaffen, hält Wolf fest. „Ein solches System wäre instabil. In guten Zeiten würden Kredite, Deposit Money und das Verhältnis der Einlagen zu monetärer Basis expandieren. In schlechten Zeiten würde die Pyramide zusammenbrechen. Eine weitere Gefahr ist, dass die Reaktion auf alle Schocks über nominale Löhne und Preisflexibilität erfolgen müsste. Weniger offensichtlich ist, dass der Goldstandard keine Garantie für die Preisstabilität übernimmt. Abhängig von den Bedingungen für die Versorgung mit Gold könnte das Preisniveau nach oben und unten schwanken. Auf lange Sicht würde das Preisniveau wahrscheinlich eher fallen, weil die Lieferung von Gold mit globalen Aktivitäten nicht Schritt halten kann. Solch eine Welt mit Deflation-Trend würde für Depressionen pflichtig, wenn oder wann der gleichgewichtige reale Zinssatz weniger beträgt als die Deflation, fasst Wolf zusammen.
Fazit: „Wir können nicht und werden nicht zum Goldstandard zurückgehen. Wir können nicht im 19. Jahrhundert leben. Es ist töricht, so zu tun, als ob wir das könnten“, schlussfolgert Wolf.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen