Montag, 15. April 2013

Goldbugs und Bitbugs


Die wilde Fahrt von Bitcoin dürfte wohl nicht das grösste Wirtschaftsthema der vergangenen Woche sein, aber sie war sicherlich die unterhaltsamste, schreibt Paul Krugman in seiner lesenswerten Kolumne („The Antisocial Network“) am Montag in NYTimes.

Im Laufe von weniger als zwei Wochen hat sich der Preis der „digitalen Währung“ mehr als verdreifacht. Und dann ist er um mehr als 50% in wenigen Stunden abgestürzt. Plötzlich hat es sich so angefühlt, wie wenn wir zurück in der Dot-com-Ära wären.

Die wirtschaftliche Bedeutung dieser Achterbahnfahrt war laut Krugman im Grunde genommen NULL. Aber der Furor über Bitcoin war eine nützliche Lektion über die Art und Weise, wie die Menschen das Geld missverstehen, und v.a. wie sie irregeführt werden, von dem Wunsch, den Wert des Geldes von der Gesellschaft, der es dient, zu trennen, erklärt der an der University of Princeton lehrende Wirtschaftsprofessor.

Was ist Bitcoin? Es wird manchmal als eine Möglichkeit beschrieben, online Transaktionen zu machen. Aber das wäre ja nichts Neues in einer Welt von Kreditkarten und PayPal-Transaktionen. In der Tat schätzt das US-Handelsministerium, dass im Jahr 2010 rund 16% des Gesamtumsätze in Amerika bereits in Form von e-commerce geschehen ist.

Die grössten Investoren in Bitcoins sind nach eigenen Angaben die Winklevoss Brüder. Und sie erheben für das digitale Produkt ähnliche Ansprüche wie Goldbugs: „Wir haben gewählt, unser Geld und Glauben in einen mathematischen Rahmen, frei von Politik und menschliches Versagen, zu setzen“.

Die Ähnlichkeit mit Goldbug Rhetorik ist kein Zufall, da Goldbugs und Bitcoin Anhänger (Bitbugs?) tendenziell libertäre Politik und die Überzeugung teilen, dass die Regierungen ihre Macht enorm missbrauchen, Geld zu drucken. Es gibt jedoch zwei grosse Missverständnisse, legt Krugman dar. Das eine davon ist praktisch und das andere philosophisch, welche dem Goldbugism und Bitbugism zugrunde liegen.

Das praktische Missverständnis ist, was ein ganz grosses ist, dass wir im Zeitalter des wilden, unverantwortlichen money-printing leben, mit galoppierender Inflation gleich um die Ecke. Die Wahrheit ist, dass Bernankes Versprechen, dass die Massnahmen der Fed nicht inflationär sind, sich bestätigt haben, während die düsteren Warnungen von Goldbugs vor Inflation sich nicht als wahr erweisen.

Das philosophische Missverständnis scheint jedoch sogar noch grösser zu sein. Goldbugs und Bigbugs scheinen sich gleichermassen für einen makellosen monetären Standard einzusetzen, unberührt von menschlicher Schwäche. Aber das ist laut Krugman ein Traum. Geld ist, wie Paul Samuelson einst erklärt hat, eine soziale Einrichtung (a social contrivance), nicht etwas, was ausserhalb der Gesellschaft steht. Selbst wenn Menschen auf Gold- und Silbermünzen stehen, waren es nicht die Edellmetalle selbst, die die Münzen nützlich machten, sondern die Erwartungen, dass andere Menschen sie auch als Zahlungsmittel akzeptieren würden.

Eigentlich würde man erwarten, dass die Winklevoss Brüder, aber auch alle anderen Menschen das verstehen, weil das Geld eine Art ein soziales Netzwerk (social network) ist, was nur nützlich wird, weil die anderen Leute es auch benutzen. Aber manche Menschen sind wahrscheinlich von der Vorstellung geplagt, dass das Geld ein menschliches Ding ist und sie wollen alle Vorteile des monetären Netzwerkes ohne den sozialen Teil. Das geht nicht.

Brauchen wir also eine neue Form des Geldes? Das wäre dann der Fall, wenn das Geld, das wir haben, schlecht benehmen würde. Es ist dem aber nicht so. Wir haben enorme wirtschaftliche Probleme, aber das grüne Stück Papier schlägt sich sehr gut und wir sollten es so belassen, hält Krugman als Fazit fest.

1 Kommentar:

Hardy hat gesagt…

"Die Wahrheit ist, dass Bernankes Versprechen, dass die Massnahmen der Fed nicht inflationär sind, sich bestätigt haben, während die düsteren Warnungen von Goldbugs vor Inflation sich nicht als wahr erweisen."

Warten wir doch einfach noch ein Weilchen. Pohl ("Theorie der Inflation") schreibt ja nicht ohne Grund: "Inflation - einmal in Gang gekommen - ernährt sich selbst, wird immer schlimmer. Sie unterminiert die marktwirtschaftliche Ordnung, weil sie das Vertrauen in den Wert des Geldes demoliert..."

"Selbst wenn Menschen auf Gold- und Silbermünzen stehen, waren es nicht die Edellmetalle selbst, die die Münzen nützlich machten, sondern die Erwartungen, dass andere Menschen sie auch als Zahlungsmittel akzeptieren würden."

Und genau diese Akzeptanz ist bei den genannten Edelmetallen erheblich (!) höher als bei Papiergeld. Was sich ein Krugmann natürlich nicht vorstellen kann, da auch sein Geld, der US-$, fast überall akzeptiert wird. Aber wer nimmt in Uganda schwedische Öre oder marokkanische Dirham in Mexico? Umgekehrt wird ein Schuh draus: Eine mexikanische Silberunze wird man auch in Uganda oder Schweden los.