Sonntag, 14. April 2013

Die vermisste Deflation


Es ist ohne Zweifel wahr, dass die Keynesianer sich in dieser Wirtschaftskrise insgesamt gut geschlagen haben. Die Erfolgsbilanz hat aber quasi einen Schönheitsfehler, wie Paul Krugman in seinem Blog bemerkt.

Die Deflation hat sich nämlich nicht so entwickelt wie erwartet. Die Inflation blieb sehr gedämpft. Krugman hat am Anfang eine Deflation à la Japan für möglich gehalten. Das ist jedoch nicht passiert. Und bemerkenswerterweise hat selbst Japan nicht mehr als eine sehr allmählich verlaufende Deflation erlebt. Warum?

Eine Möglichkeit ist, dass die Wirtschaft doch nicht so kraftlos endete wie man am Anfang eingeschätzt hat, sodass das Problem eher strukturell als konjunkturell war.

Eine andere Möglichkeit ist, wie Krugman früh angedeutet hatte, dass rigide Löhne (DNWR: downward nominal wage rigidity) erklären könnten, warum der ziemlich rasche Rückgang der Inflation in den vergangenen tiefen Rezessionen diesmal ausgeblieben ist. Wenn die Löhne nach unten starr sind, wird Inflation selbst in einer schwer angeschlagenen Wirtschaft auf einem niedrigen Niveau „sticky“ (kurzfristig träge).

Vor diesem Hintergrund ist es interessant, festzustellen, wie zwei aktuelle Studien (Hobijn & Daly auf der Fed-Konferenz in Boston und der IWF in World Economic Outlook) nahelegen, dass das Problem nicht strukturelle Arbeitslosigkeit ist, sondern die geringe Reaktionsfähigkeit der Inflation auf die Arbeitslosigkeit, wenn Inflation bereits niedrig ist.

Krugman zieht drei Schlussfolgerungen daraus:

(1) Das Risiko ist gering, dass die Inflation sich beschleunigt. Wie Hobijn und Daly unterstreichen, gibt es „Nachholbedarf für Lohnkürzungen“, sodass die Inflation wahrscheinlich weiter nach unten gedruckt werde, selbst nach dem sich die Wirtschaft erholt hat.

(2) Zentralbanken und andere Entscheidungsträger würden einen schrecklichen Fehler machen, wenn sie sich wegen der niedrigen und stabilen Inflation auf die Schulter klopfen und zurücklehnen würden. Niedrige, stabile Inflation steht, wie es sich herausgestellt hat, vollständig mit der katastrophalen economic mismanagement im Einklang.

(3) Keynesianer nehmen heute wahr, dass ein Teil ihrer Vorhersage nicht zugetroffen ist, und passen daher ihr Wirtschaftsmodell an. Auch diejenigen, die auf der anderen Seite der Debatte stehen, sollten ihre Fehler hinterfragen und zur Kenntniss nehmen, dass das Ignorieren von Fehlern und die Wiederholung von falschen Behauptungen die Problematik nur verschärfen.

PS: Ein älterer Eintrag zum Thema Deflation („Wissen Ökonomen überhaupt, wie Deflation funktioniert?“) in diesem Blog.

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