Montag, 22. April 2013

Austeritätspolitik & Langzeitarbeitslosigkeit


Das Einzige, was wir zu fürchten haben, ist die Furcht selbst. So hat FDR in seiner berühmten Antrittsrede es formuliert, um die amerikanische Bevölkerung in der Grossen Depression zu motivieren.

Wenn aber künftige Historiker auf unsere ungeheuer fehlerhafte Reaktion auf die schwer angeschlagene Wirtschaft zurückblicken werden, werden sie wahrscheinlich nicht die Furcht per se tadeln, sondern unsere Politiker geisseln, die falschen Dinge befürchtet zu haben, schreibt Paul Krugman in seiner lesenswerten Kolumne („The Jobless Trap“) am Montag in NYTimes.

Es war die übergeordnete Angst vor Schulden-Hysterie, die die Wirtschaftspolitik angetrieben hat. Immerhin waren es Ökonomen, die angeblich bewiesen hatten, dass das Wirtschaftswachstum zum Erliegen komme, wenn die Staatsverschuldung 90% des BIP erreiche, legt Krugman weiter dar. Nun hat sich herausgestellt, dass die rote Linie in Sachen Verschuldung ein Artefakt der fragwürdigen Statistik war, welches durch schlechte Arithmetik verstärkt wurde. Aber während die Furcht vor Schulden irreführt, gibt es eine reale Gefahr, die ignoriert wurde: die ätzende Wirkung der anhaltend hohen Arbeitslosigkeit in sozialer und ökonomischer Hinsicht.

Fünf Jahre nach der Krise hält die hohe Arbeitslosigkeit an, mit fast 12 Millionen Amerikaner ohne Beschäftigung. Aber was wirklich auffällt, ist die hohe Zahl der Langzeitarbeitslosen: 4,6 Millionen Menschen mit mehr als 6 Monaten und mehr als 3 Millionen Menschen mit mehr als einem Jahr. Und in diesen Zahlen werden diejenigen, die es aufgegeben haben, nach einer Beschäftigung zu suchen, weil es einfach keine Jobs gibt, nicht mit berücksichtigt.

Die entscheidende Frage ist, ob die Arbeitnehmer, die seit einer langen Zeit nicht beschäftigt sind, schliesslich als nicht beschäftigungsfähig angesehen werden, wie eine verdorbene Ware, die niemand kaufen will. Und es gibt leider wachsende Evidenz dafür, dass das Verderben der Langzeitarbeitslosen bereits geschieht, während wir zur Stunde darüber reden. Wir schaffen in der Tat eine permanente Klasse von arbeitslosen Amerikanern, beschreibt Krugman.

Und das ist eine politische Entscheidung. Der Hauptgrund, warum die wirtschaftliche Erholung so schwach ist, ist die Panikmache in Sachen Schulden. Wir machen heute genau das, was die Lehrbücher sagen, was wir nicht machen sollten: Kürzung der Staatsausgaben in einer schwer angeschlagenen Wirtschaft.

Es ist laut Krugman schwer, zu übertreiben, wie selbstzerstörerisch diese Politik  ist. In der Tat bedeutet der Schatten der Langzeitarbeitslosigkeit, dass die Austeritätspolitik kontraproduktiv ist, auch in rein fiskalischer Hinsicht. Denn Arbeitnehmer sind auch Steuerzahler. Wenn die Besessenheit für die Schulden Millionen von Amerikanern aus der produktiven Beschäftigung vertreibt, dann werden die künftigen Einnahmen gekürzt und zukünftige Defizite erhöht.

Unsere übertriebene Angst vor Schulden erzeugt, kurz gesagt, eine Katastrophe in Zeitlupe und ruiniert viele Leben. Und wir werden zugleich jeden Tag ärmer und in jeder Hinsicht schwächer. Je länger wir an dieser Torheit hängen, desto grösser wird der Schaden, hält Krugman als Fazit fest.

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