Mittwoch, 10. April 2013

Slowenien, Lettland und Estland vor schmerzhafter Anpassungsleistung


Wenn jedes Krisenland als eine Art Sonderfall gedeutet wird, dann wird es schwer, nach einer systematischen Ursache der Eurokrise zu suchen, schreibt Heiner Flassbeck in seinem Blog.

Die Deutung läuft darauf hinaus, dass die Probleme hausgemacht sind. Stimmt es? Nicht ganz. Vor diesem Hintergrund befasst sich der ehemalige Chefvolkswirt der Welthandels- und Entwicklungskonferenz der Vereinten Nationen (UNCTAD) mit dem vergleichbaren Muster der Wirtschaftspolitik von Slowenien, Lettland und Estland.

In allen Ländern gab es in den 2000er Jahren einen kräftigen Aufschwung, getragen vorwiegend vom privaten Verbrauch dank dem Zuwachs der Arbeitseinkommen. Gleichzeitig kam es zu gewaltigen Leistungsbilanzüberschüssen.

Das sind laut Flassbeck klassische Muster einer Währungskrise, die auf Überbewertung zurückzuführen ist. Die Überbewertung ist die Folge zu hoher Lohnstückostensteigerungen. Damit geht auch ein realer Wechselkursanstieg damit einher. Da die drei Länder ihre Währung nicht an die Überbewertung angepasst haben (d.h. nicht abgewertet), sind sie alle gleicherweise wie die schon in der Eurozone befindlichen Länder (Südeuropa) „dem Druck des dort absolut überlegenen Wettbewerbers Deutschland ausgesetzt“, erklärt Flassbeck. Es ist daher auf der Hand, in welche Schwierigkeiten die drei Länder geraten werden.


Lohnstückkosten: Slowenien, Estland, Lettland, Graph: Prof. Heiner Flassbeck

Lettland, Estland und Slowenien haben den starken Anstieg des privaten Konsums mit einem Verlust an Wettbewerbsfähigkeit erkauft. Die Lohnstückkosten liegen meilenweit über dem Durchschnitt der EWU und noch viel weiter von Deutschland entfernt, legt der ehemalige Staatssekretär im Finanzministerium (1998-1999) dar.

Bei den riesigen Abständen der Lohnstückkosten zu Deutschland spricht nichts dafür, dass Lettlands Aufnahme in die EWU ernsthaft in Erwägung gezogen werden kann, hält Flassbeck als Fazit fest.

Estland und Lettland müssten nämlich einen noch grösseren Rückgang der Löhne verkraften, was nicht ohne gefährliche Verwerfungen von statten gehen kann. Auch Slowenien muss eine Anpassungsleistung vollbringen, die nicht einfacher sein dürfte als die Austeritätspolitik, die Spanien und Portugal laut Brüssel und Berlin umsetzen müssen.

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