Der
Fall Zypern markiert eine vernichtende Bilanz für die
Finanzglobalisierung. Das Land, in dem der Banken-Sektor rund das 8-fache der
Wirtschaftsleistung ausmacht, stand vor der Zahlungsunfähigkeit. Die Regierung
hat die EU um eine Finanzhilfe in Höhe von 17 Mrd. Euro gebeten, was rund
90% des zypriotischen BIP entspricht. Die Eurogruppe hat nach kurzen Unterredungen
unter der Voraussetzung einer pauschalen Beteiligung der Bankeinleger (8,5 Mrd.
€) ein Hilfspaket im Wert von rund 10 Mrd. Euro zugesichert.
Das
Geschäftsmodell der Banken, welches darauf beruht war, mit hohen Zinsen offshore-Gelder auf die Insel zu locken,
hat allem Anschein nach zu keinem spürbaren Mehrwert in der Wirtschaft geführt.
Von der Party profitierte nur die Finanz-Branche. Die Kosten
tragen nun alle, weshalb es „bail-in“ heisst.
Die
wichtigste Wirkung der Zypern-Krise ist, dass die Vorschriften für die Lösung
der künftigen Bankkrisen in der Eurozone nun neu geschrieben werden, bemerkt Paul De Grauwe in einem lesenswerten
Artikel („The new bail-in doctrine: A
recipe for banking crises and depression in the eurozone“) in CEPS Commentary.
Laut
der neuen von Deutschland und dem IWF
auferlegten „bail-in“-Doktrin werden
künftige Rettungsaktionen („bail-out“)
Bankeinleger mit einschliessen. Diejenigen Einleger, die mehr als 100‘000 € auf
dem Konto haben, wissen von jetzt an, dass sie, wenn ihr Land in finanzielle
Schwierigkeiten gerät, einen Teil ihrer Ersparnisse verlieren werden.
Die
neue Vorlage (new template) für die Abwicklung
der künftigen Finanzkrisen hat laut De Grauwe zwei negative Folgen:
(1) Sie
erhöht das systematische Risiko in der Eurozone und macht künftige Bankkrisen wahrscheinlicher.
Es ist nicht schwer, zu sehen, warum: Jedes Mal, wenn die Angst entsteht, dass
die Regierung oder die Banken an einer Rettungsaktion beteiligt werden, wird es
zu einem Bank Run kommen, weil die Einleger
versuchen werden, den Verlust ihrer Ersparnisse zu verhindern, indem sie das
Geld von der Bank abheben. Dies allein dürfte zu weiteren Bank Runs führen und
das ohnehin fragile System weiter schwächen.
In
Ermangelung einer Banking Union ist
das Schicksal sowohl der Regierungen als auch der lokalen Banken mit einer Art
tödlichen Umklammerung verknüpft, schildert De Grauwe weiter.
(2) Die neue
Vorlage wird die wirtschaftlichen Kosten für die Länder, die von einer „bail-in“-Massnahme betroffen sind,
erhöhen. Das Banken-System ist nämlich stark miteinander verknüpft (interconnected). Fällt eine Bank, zieht
sie auch andere in die Insolvenz, einschliesslich derjenigen, die zahlungsfähig
sind.
Warum
ist aber diese gefährliche „bail-in“-Doktrin
in Zypern verhängt worden? Der Hauptgrund ist, dass die Gläubiger-Länder in der
Eurozone nicht bereit sind, die Kosten der Rettungsmassnahmen für die Schuldner-Länder
zu tragen. Der vorherrschenden Ansicht nach sind die Schuldner für die eigenen
Probleme selber schuld, sodass die Steuerzahler in Gläubiger-Ländern verschont
werden sollen. Die Wahrheit ist jedoch laut De Grauwe, dass es die
Verantwortung in der Eurozone gemeinsam getragen werde: Für jeden waghalsigen
Schuldner gibt es einen waghaltigen Gläubiger.
Bricht
eine Bankenkrise aus, müssen die Behörden zwei Risiken abwägen: (a)
Moral-Hazard, was im Fall einer bail-out-Massnahme
auftritt. Und (b) Die unmittelbare Gefahr einer Implosion des Bankensystems,
wenn bail-in-Massnahmen umgesetzt
werden. Wenn die Regierungenin Zeiten von Krisen zwischen zwei Übeln wählen
müssen, werden sie sich das erstere dem letzteren vorziehen, legt De Grauwe als
Schlussfolgerung dar.
Fazit: Um das
Moral-Hazard-Risiko zu verringern, muss die Regulierung der Banken viel umfassender
angepackt werden als es heute der Fall ist. Höhere Eigenkapitalanforderungen,
eine Trennung des Investment-Banking von Privatkundengeschäft und die Begrenzung
der Zinsen auf Termineinlagen sind auf alle Fälle besser als der bail-in-Ansatz.
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