Die
alte Leier ist wieder in aller Munde. Billigzinsen: Während die einen sie als Mysterium bezeichnen, wollen die anderen sie so schnell wie möglich wieder steigen sehen. Nach dieser Lesart ist das viel zu billige Geld die Kernursache
der Krise. Die Forderung lautet daher, dass die Zinsen erhöht werden müssen.
David Stockman, der ehemalige Haushaltsdirektor (1981-1985)
der Reagan Regierung hebt die niedrigen Zinsen seit ein paar Wochen in vielen
Interviews und Fernsehauftritten als Grund der Krise hervor, obwohl es sich dabei
eher um ein Krisensymptom handelt.
Paul Krugman bewertet in seinem Blog das Ganze als eine Art „Glaubenskrieg“ gegen Niedrigzinsen. Es ist laut
Krugman die neuste Inkarnation des Sado-Monetarismus,
in einer schwer angeschlagenen Wirtschaft auf eine Erhöhung der Zinsen zu
drängen.
Es
ist eine lange Linie, die bis auf Schumpeters
Warnungen zurückgeht, wonach das „easy
money“ einen Teil der Arbeit der Depression rückgängig mache. Auch Hayek hatte sich gegen die „Schaffung
von künstlicher Nachfrage“ gestellt. Demnach sollte nichts getan werden, um die
Schmerzen zu lindern.
Der
an der University of Princeton
lehrende Wirtschaftsprofessor hält es dennoch für überraschend, dass der
Sado-Monetarismus nun wieder aufersteht. In der Anfangsphase gab es viele
Menschen, einschliesslich David Brooks von NYTimes,
die argumentierten, dass wir die Geldpolitik statt Fiskalpolitik einsetzen
sollten, um auf die Krise zu reagieren. Es ist wahrscheinlich die Null-Grenze (zero lower bound), die Schwierigkeiten
bereitet, warum viele nicht verstehen, dass die Geldpolitik an Wirksamkeit
verliert, wenn die nominalen Zinsen nahe Null liegen.
Feste
Hypothekenzinsen (30 Jahre) im Durchschnitt in den USA, Graph: Prof. Paul Krugman
Heute
sieht es so aus, als ob die Defizit-Schimpfer, nachdem sie die Fiskalpolitik
getötet haben, sich wieder die Geldpolitik vorknöpfen würden. Der gegenwärtige
Angriff mit viel Vehemenz hat daher
etwas Merkwürdiges in sich.
Die
Anhänger des modernen Sado-Monetarismus richten das Augenmerk nach der Annahme,
dass die Märkte über eigene Mittel verfügen, um alles wieder in Ordnung zu
bringen. Wenn die Zentralbanken aber Geld drucken, gebe es nur Störungen, was
Bubbles und Krisen verursache. Die Fed soll daher sofort damit aufhören, die Geldpolitik
weiter zu lockern.
Das
Problem ist aber, dass die Märkte es massiv falsch handhaben und auf die
Niedrigzinsen äusserst überreagieren müssten, damit die lockere Geldpolitik
nachteilige Auswirkungen entfaltet, wie die modernen Sado-Monetaristen
behaupten.
Angenommen
die Billigzinsen durch die Fed haben die Immobilienblase verursacht und damit
die gegenwärtige Krise. Es stimmt, dass die Kreditkosten in den Jahren, wo die
Blase entstand, relativ niedrig waren.
Krugman
zeigt, dass die Hypothekenzinsen um rund 20% im Vergleich zum Niveau am Ende
der 1990er Jahren gesunken sind. Wenn Immobilienpreise die einfache Umkehrung
der Anleihekurse wären, könnte dies einen 25%igen Anstieg erklären. Man kann
die Zahlen anpassen wie man will. Mit Fokus auf die Realzinen wird man aber feststellen,
dass es andere Kosten gibt, die die Zahl für den Kauf von Immobilien nach unten
drucken.
Eins
ist aber laut Krugman klar: Über keine rationale Berechnung kann der relative
moderate Zinsrückgang durch die folgende Abbildung gerechtfertigt werden.
S&P
Case-Shiller 20 City Home Price Index, Graph:
Prof. Paul Krugman
Man
kann natürlich auch versuchen, die ganze Entwicklung auf einen Prozess des “irrationalen
Überschwangs” (irrational exuberance)
zurückzuführen, der Kreditnehmer und Kreditgeber mitgerissen hat. Aber wie Ben Bernanke sagt, legen die meisten Beweise etwas anderes nahe.
Bedingte
Vorhersagen für die Fed Funds Rate und Hauspreise, Graph: Prof. Ben Bernanke in: „Monetary Policy and the Housing Bubble“, Jan 3, 2010
Fazit: Der Punkt ist, dass man die Fed als
Bösewicht darstellen kann. Aber dann gilt die Annahme, dass die Märkte höchst
irrational und instabil sind. Wenn die Märkte auf die lockere Geldpolitik so
drastisch überreagieren, dann ist zu fragen, warum man daran glauben soll, dass
die Märkte auf andere Schocks angemessen reagieren würden.
Der
Sado-Monetarismus ist intellektuell inkonsistent, hält Krugman als Fazit fest. Der
Sado-Monetarismus will die Zentralbanken für die Instabilität beschuldigen und
plädiert für Nicht-Intervention. Die Argumentation kann aber nur angeführt
werden, wenn man darauf besteht, dass die Finanzmärkte irrational und instabil
sind, wobei es dann schwer zu verstehen wäre, warum laissez-faire unter allen Bedingungen Sinn machen sollte.
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