Montag, 22. April 2013

Steckt die Wirtschaftsforschung in einer Sinnkrise?


Es fällt derzeit auf, dass einige Ökonomen dazu neigen, die wirtschaftliche Entwicklung auf der Welt unabhängig davon, wo sie gerade beobachtet wird, als rätselhaft zu bezeichnen.

Neulich hiess es in einem Artikel in FT, dass die Zentralbanker in der Euro-Zone „blind fliegen“. Die Very Serious People (VSP) sagen, dass sie nicht vollständig verstehen, was in den Industrieländern geschieht.

Im Blog NMTM von Tagesanzeiger aus Zürich ist heute von dem „japanischen Urrätsel“ die Rede. Japan sei von allen OECD-Mitgliedern das rätselthafte Land.

Wann die neue Mode in der Wirtschaftswissenschaft begonnen hat, v.a. die gegenwärtige ökonomische Situation als geheimnisvoll zu erklären, ist nicht leicht auszumachen. Aber vermutlich fällt der Zeitpunkt mit dem Beginn des grossen Experiments Finanzglobalisierung in den 1980er Jahren, angestossen durch Ronald Reagan und Margaret Thatcher zusammen.

Scheinbar hat man (Ökonomen und Politiker) sich heute entschlossen, alles und jedes (gestützt durch leistungsfähige Computer und Ökonometrie) empirisch zu testen, wie Heiner Flassbeck in seinem Blog beispielhaft darlegt.

Die Ergebnisse werden dann an die grosse Glocke gehängt, mit viel politischem Gewicht, was im Grunde genommen nicht sein darf. Steht die Empirie mit dem Standardmodell nicht überein, redet man gern von Rätsel. Die empirischen Abweichungen von den Annahmen der Standardtheorie dienen dazu, ad-hoc Hypothesen zu erfinden, wie die z.B. derzeit viel Wirbel auslösende abstruse 90%-Schuldengrenze.

Zurück zu Japan: Die niedrige Arbeitslosigkeit in Japan ist kein Myterium. Drei Stichworte: Hausfrauen, fallende Reallöhne und ein robustes Pro-Kopf-Wachstum. Mehr dazu in diesem Blog bitte hier nachlesen. Das wirkliche „Rätsel“ ist eher, warum die japanische Arbeitslosigkeit so hoch ist.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Hatte nicht Richard A. Werner sich im "Princess of the Yen" zum "Rätsel" Japan geäußert?

Anonym hat gesagt…

...und auch Richard Koo von Nomura, mit seiner Balance Sheet Recession?

Das sind sicher beides keine Neoklassiker, aber genau deshalb werden Sie beide wenig beachtet.