Wer
in den vergangenen Jahren gegen vorzeitige Austerität argumentiert hat, hatte
es in den letzten Tagen gut. Akademische Studien, die die Austerität angeblich
rechtfertigen, haben nämlich an Glaubwürdigkeit verloren, schreibt Paul Krugman in seiner lesenswerten
Kolumne („The Story of Our Time“) am
Montag in NYTimes.
Die
Hardliner in der Europäischen Kommission und anderswo beginnen jetzt, ihre
Rhetorik abzuschwächen. Der Ton des Gesprächs hat sich jetzt definitiv
verändert, betont der an der University
of Princeton lehrende Wirtschaftsprofessor. Viele Menschen verstehen die Natur
der wirtschaftlichen Probleme aber immer noch nicht und sehen nicht ein, warum
es gerade jetzt ganz schlecht ist, die Ausgaben zu kürzen.
Was
ist nach der Finanzkrise von 2008 passiert? Viele Menschen haben sich plötzlich
mit Ausgaben zurückgehalten, entweder weil sie es vorzogen, oder weil sie durch
ihre Gläubiger dazu gezwungen wurden. Unterdessen waren nicht viele Menschen in
der Lage oder bereit, mehr Geld auszugeben. Das Ergebnis war ein steiler
Rückgang der Einnahmen, was auch einen Rückgang der Beschäftigung verursacht
hat, was ja bis heute anhält.
Was
können wir aber tun, um die Arbeitslosigkeit zu verringern? Die Antwort lautet,
dass es nun eine Zeit ist, Staatsausgaben überdurchschnittlich zu erhöhen, um
die Wirtschaft zu stützen, bis der Privatsektor wieder bereit ist, mehr
auszugeben. Der entscheidende Punkt ist unter den gegenwärtigen Bedingungen,
dass die Staatsausgaben die Ressourcen vom privaten Gebrauch nicht verdrängen,
sondern brachliegendes Potenzial wieder in Gang setzen. Die privaten
Kreditnehmer werden also durch öffentliche Kreditaufnahme nicht verdrängt. Ganz
im Gegenteil werden damit Mittel mobilisiert, die ansonsten ungenutzt darniederliegen.
Wenn
normale Bedingungen wieder zurückkehren, wird das Haushaltsdefizit natürlich
abgebaut und die Staatsverschuldung gekürzt. Aber im Moment ringen wir immer
noch mit den Nachwirkungen der Finanzkrise, die einmal alle drei Generationen
vorkommt, legt Krugman dar. Es ist also nicht der Zeitpunkt für die Austerität.
Ist
die Story wirklich so einfach? Und wäre es wirklich so einfach, die Geissel der
Arbeitslosigkeit zu beenden? Ja, sagt Krugman. Aber mächtige Leute wollen daran
nicht glauben. Einige von ihnen haben einen instiktiven Sinn dafür, dass das
Leiden gut ist und wir für die Sünden, die angeblich in der Vergangenheit begangen
wurden, einen Preis zahlen müssen, auch wenn die Sünder damals und die
Leidtragende von heute sehr unterschiedliche Gruppen von Menschen sind. Einige
von ihnen sehen die Krise als eine Chance, das soziale Netz zu zerschlagen. Und
so ziemlich jeder in der Politik-Elite nimmt Hinweise aus einer wohlhabenden
Minderheit entgegen, die eigentlich nicht viel Schmerz fühlt.
Was
jetzt passiert ist, allerdings, dass das Laufwerk für die Austerität seinen
geistigen Deckmantel verloren hat und als Ausdruck von Vorurteilen,
Opportunismus und Klassen-Interessen dasteht, wie es immer war, beschreibt
Krugman weiter. Und die plötzliche Entlarvung gibt vielleicht eine Chance, gegen
die Depression, in der wir stecken, etwas zu unternehmen.
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