Es
gibt offenbar immer noch Experten, die den Verlauf der Zinsen in den
vergangenen Jahren für rätselhaft halten. Dazu gehört allem Anschein nach auch Martin Feldstein.
Der
an der Harvard University lehrende
Wirtschaftsprofessor schreibt in einem wunderlichen Artikel („When Interest Rates Rise“) in Project Syndicate, dass die
langfristigen Zinsen so niedrig sind, dass man von einer Blasenbildung (Bond
Bubble) ausgehen muss. Der ehemalige Wirtschaftsberater des Präsidenten Ronald
Reagan befürchtet daher Konkurse und Zusammenbruch des Finanzmarktes.
Wie
ist aber möglich, dass ein anerkannter Fachmann der Volkswirtschaftslehre
mitten in einer schwer angeschlagenen Wirtschaft einen rasanten Anstieg der
Zinsen erwartet? Was rätselhaft ist eigentlich Feldsteins Analyse der
gegenwärtigen Situation.
Paul Krugman liefert in seinem Blog die folgende Abbildung dazu:
Die
blaue Kurve zeigt, dass die Ersparnisse des öffentlichen Sektors negativ
ist. Die rote Kurve legt dar, dass der private Sektor einen Überschuss
hat. Das heisst, dass die öffentliche Hand entspart, während die privaten
Haushalte sparen. Es gilt, zu merken, dass es sich dabei mehr oder weniger um
eine buchhalterische Gleichung handelt, welche nicht unmittelbar sagt, welche
Seite das Geschehen antreibt. Die Antwort liegt aber auf der Hand. Der
Privatsektor spart seit dem Zusammenbruch des Immobilien-Booms. Für den Anstieg
des öffentlichen Defizits sind hingegen die automatischen Stabilisatoren (variierende
staatliche Einnahmen und Ausgaben im Konjunkturverlauf) verantwortlich.
Während
der Privatsektor spart, entspart der öffentliche Sektor, Graph: Prof. Paul Krugman
Wenn
die Staatsausgaben bzw. das Haushaltsdefizit die privaten Investitionen
zurückdrängen würden (der sog. crowding-out
Effekt), müssten die Zinsen steigen. Das ist aber heute nicht der Fall. Ganz im
Gegenteil: Die Zinsen fallen.
Es
gibt also kein Rätsel, es sei denn, die Menschen sind verwirrt. Es ist daher
erstaunlich, wie Martin Feldstein trotz dieser Fakten daraus schliessen kann,
dass die Zinsen allein aus dem Grund niedrig sind, weil die Fed im Rahmen der QE-Politik im Markt
Staatsanleihen kauft und das Geschehen
am Markt verzerrt.
Die
öffentliche Hand hat ein Haushaltsdefizit, weil die private Nachfrage zusammengebrochen ist, infolge der geplatzten
Blase im Immobilienmarkt. Während also die privaten Haushalte sparen, entsteht
im öffentlichen Haushalt ein Defizit, weil zur Zeit im tiefen Abschwung aufgrund
der automatischen Stabilisatoren, die Einnahmen des Staates sinken und die
Ausgaben (Arbeitslosenversicherung und andere Programme) steigen.
Es ist also eine Situation,
wo die Nachfrage nach Geld schwach ist, nicht stark, sodass die Renditen der
Anleihen tiefer sind als gewöhnlich, wie man sonst erwarten würde. Und die Fed ist
entschlossen, die Zinsen aufgrund der anhaltenden Schwäche der Wirtschaft noch
eine Weile auf der Null-Grenze (zero lower bound) zu halten.
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