Dienstag, 2. April 2013

Wie können die Zinsen so niedrig sein?


Es gibt offenbar immer noch Experten, die den Verlauf der Zinsen in den vergangenen Jahren für rätselhaft halten. Dazu gehört allem Anschein nach auch Martin Feldstein.

Der an der Harvard University lehrende Wirtschaftsprofessor schreibt in einem wunderlichen Artikel („When Interest Rates Rise“) in Project Syndicate, dass die langfristigen Zinsen so niedrig sind, dass man von einer Blasenbildung (Bond Bubble) ausgehen muss. Der ehemalige Wirtschaftsberater des Präsidenten Ronald Reagan befürchtet daher Konkurse und Zusammenbruch des Finanzmarktes.

Wie ist aber möglich, dass ein anerkannter Fachmann der Volkswirtschaftslehre mitten in einer schwer angeschlagenen Wirtschaft einen rasanten Anstieg der Zinsen erwartet? Was rätselhaft ist eigentlich Feldsteins Analyse der gegenwärtigen Situation.

Paul Krugman liefert in seinem Blog die folgende Abbildung dazu:

Die blaue Kurve zeigt, dass die Ersparnisse des öffentlichen Sektors negativ ist. Die rote Kurve legt dar, dass der private Sektor einen Überschuss hat. Das heisst, dass die öffentliche Hand entspart, während die privaten Haushalte sparen. Es gilt, zu merken, dass es sich dabei mehr oder weniger um eine buchhalterische Gleichung handelt, welche nicht unmittelbar sagt, welche Seite das Geschehen antreibt. Die Antwort liegt aber auf der Hand. Der Privatsektor spart seit dem Zusammenbruch des Immobilien-Booms. Für den Anstieg des öffentlichen Defizits sind hingegen die automatischen Stabilisatoren (variierende staatliche Einnahmen und Ausgaben im Konjunkturverlauf) verantwortlich.


Während der Privatsektor spart, entspart der öffentliche Sektor, Graph: Prof. Paul Krugman

Wenn die Staatsausgaben bzw. das Haushaltsdefizit die privaten Investitionen zurückdrängen würden (der sog. crowding-out Effekt), müssten die Zinsen steigen. Das ist aber heute nicht der Fall. Ganz im Gegenteil: Die Zinsen fallen.

Es gibt also kein Rätsel, es sei denn, die Menschen sind verwirrt. Es ist daher erstaunlich, wie Martin Feldstein trotz dieser Fakten daraus schliessen kann, dass die Zinsen allein aus dem Grund niedrig sind, weil die Fed im Rahmen der QE-Politik im Markt Staatsanleihen kauft  und das Geschehen am Markt verzerrt.

Die öffentliche Hand hat ein Haushaltsdefizit, weil die private Nachfrage zusammengebrochen ist, infolge der geplatzten Blase im Immobilienmarkt. Während also die privaten Haushalte sparen, entsteht im öffentlichen Haushalt ein Defizit, weil zur Zeit im tiefen Abschwung aufgrund der automatischen Stabilisatoren, die Einnahmen des Staates sinken und die Ausgaben (Arbeitslosenversicherung und andere Programme) steigen.

Es ist also eine Situation, wo die Nachfrage nach Geld schwach ist, nicht stark, sodass die Renditen der Anleihen tiefer sind als gewöhnlich, wie man sonst erwarten würde. Und die Fed ist entschlossen, die Zinsen aufgrund der anhaltenden Schwäche der Wirtschaft noch eine Weile auf der Null-Grenze (zero lower bound) zu halten.

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