Sonntag, 1. September 2013

Spaltung der Ökonomen in zwei Lagern

Brad DeLong schreibt in einem lesenswerten Essay („Whose Central Bank?“) in Project Syndicate, dass die Ökonomen zumindest seit 115 Jahren, seit der Veröffentlichung von „Geldzins und Güterpreis“ von Knut Wicksell im Hinblick auf die Frage, was eine Zentralbank ist und welchen Zwecken sie dient, in zwei Lager gepalten sind.

Das eine Lager nennt DeLongBanking Camp“, wo eine Zentralbank als Bank für Banker betrachtet wird. Die Kunden der Zentralbank sind die Banken. Es ist ein Ort, wo die Banken sich Geld leihen können, wenn sie welche brauchen. Die Funktion der Zentralbank ist demnach, den Bankensektor zu unterstützen, sodass die Banken ihren Geschäften nachgehen und Gewinne erwirtschaften können. Vor allem muss die Zentralbank dafür sorgen, dass die Geldmenge gross genug ist, sodass die blosse Illiquidität, anstatt Insolvenz die Banken nicht zwingt, Konkurs zu gehen.

Das andere Lager bezeichnet DeLong als „Macroeconomic Camp“, wo die Zentralbanken als Hüter der Wirtschaft als Ganzes gesehen werden.Die Zentralbank hat die Aufgabe, das Say’sche Gesetz (Say’s Law) in der Praxis zu wahren, (nach dem Grundsatz, dass die Produktion (output) durch die Nachfrage ausgewogen wird, wobei zu wenig Nachfrage Arbeitslosigkeit verursacht und zu viel Nachfrage zu Inflation führt), weil das Say’s Law in Theorie nicht funktioniert, erklärt der an der University of California, Berkeley lehrende Wirtschaftsprofessor. M.a.W. hat eine Zentralbank in erster Linie die Verantwortung, nicht das Befinden von Unternehmen zu wahren, die den Bankensektor ausmachen, sondern das robuste Funktionieren der Wirtschaft als Ganzes zu erhalten.



US-Erwerbsquote, Graph: FRED Fed St. Louis


Von Standpunkt des Ausgleichs der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage und des möglichen gesamtwirtschaftlichen Angebots sollte die Zentralbank laut DeLong einfach eine einfache Erklärung abgeben, fünf Jahre nach dem Beginn der Krise, dass ein Inflationsziel von 0-2% ungerechtfertigte abwärtsgerichtete Risiken im Hinblick auf die Beschäftigung trägt und daher ein Inflationsziel von 2-4% ankündigen. Während eine solche Vorlage für das Macroeconomic Camp offensichtlich ein Kinderspiel ist, wären alle Bankers, die in nominalen Modalitäten denken, von der Idee überhaupt nicht begeistert.

DeLong wünscht sich deswegen aus Sicht des öffentlichen Interesses einen Nachfolger für Ben Bernanke, dessen Amtszeit am Anfang des Jahres 2014 zu Ende geht, aus dem Macroeconomic Camp.

Eine wichtige Folge dieser Spaltung zwischen „Banking Camp“ (Stabilität des Finanzsystems) und „Macroeconomic Camp“ (Vollbeschäftigung) ist die völlig anders gelagerte Betrachtung der jüngsten Geschichte, bemerkt Paul Krugman in seinem Blog dazu. Die Frage, die Krugman aufwirft, ist, wie gut wir auf die Finanzkrise von 2008 reagiert haben?

Das Finanzsystem war in grosser Gefahr. Aber die Katastrophe wurde abgewendet (Schaubild: St. Louis Fed Financial Stress Index). Auf der anderen Seite ging die Erwerbsqute (das Verhältnis der Beschäftigten zur Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter) signifikant zurück (Schaubild: Employment-Population Ratio), was ein katastrophaler Zusammenbruch ist, was wiederum ohne Zweifel ein Versagen bedeutet.

Krugman argumentiert, dass Summers eindeutig nicht im „Banking Camp“ ist. Wenn man sich die Artikel von Summers über die Fiskalpolitik ansieht, vertritt der (von Präsident Obama ernannte) Direktor des National Economic Council die Meinung, dass die Arbeit im Hinblick auf die wirtschaftliche Erholung noch nicht abgeschlossen ist.

Während Summers in den Augen von Krugman nicht im „Banking Camp“ ist, ist aber Präsident Obama dort. Die Wahl zu Gunsten von Summers durch den Präsidenten würde daher die Ansicht von Obama bestätigen, dass die Politik in den Jahren 2009 und 2010 richtig gewesen sei und das "Winning Team" daher zusammengehalten werden soll. Selbst wenn Summers die richtige Wahl wäre, ist es eine Wahl, die der Präsident aus falschen Gründen trifft, fasst Krugman als Fazit zusammen.

Warum setzt sich DeLong aber für Summers ein? Es ist schwer, eine klare Antwort darauf zu geben. Aber DeLong scheint zwischen zwei Zeitphasen zu unterscheiden: 2009-2010 und danach.

1 Kommentar:

Stefan Wehmeier hat gesagt…

"...was eine Zentralbank ist und welchen Zwecken sie dient,..."

...kann nur wissen, wer zuerst das Geld verstanden hat:

Geldtheorie