Montag, 23. September 2013

Lebensmittelgutscheine und gemeine Klassenkämpfer

Konservative haben gerade dafür gestimmt, das Programm für Lebensmittelgutscheine scharf zu kürzen. Es handelt sich dabei um das sog. SNAP (Supplemental Nutritional Assistance Program).

Konservative vertreten die Ansicht, dass die Grösse des Staates unter Präsident Obama explodiert hat. Aber sie stehen der peinlichen Tatsache gegenüber, dass die Beschäftigung im öffentlichen Sektor stark gefallen ist, während die gesamten Ausgaben als Anteil am BIP rasch sinken.

SNAP ist jedoch tatsächlich etwas gestiegen: von 36 Millionen Amerikanern als Benutzer im Jahr 2007 auf fast 48 Millionen Amerikaner heute, wie Paul Krugman in seiner lesenswerten Kolumne („Fee to be hungry“) am Montag in NYTimes darlegt.

Konservative werfen einen Blick darauf und sehen, zur eigenen Überraschung, dass es an keiner Stelle ein explosives Wachstum eines Regierungsprogramms gibt. Der jüngste Anstieg im SNAP ist laut Krugman in der Tat ungewöhnlich, aber so ist auch die heutige Zeit. Mehrere vorsichtig erstellte wirtschaftliche Studien zeigen, dass der konjunkturelle Abschwung den grössten Teil des Anstiegs des Gebrauchs von Essensmarken erklären kann. Die Lebensmittelmarken haben zumindest die Härte gemildert, was Millionen von Amerikanern vor der Armut schützt.

Aber die üblichen Verdächtigen sagen, dass die Rezession im Jahr 2009 zu Ende gegangen ist, so Krugman. Warum hat die Erholung der Wirtschaft das SNAP nicht heruntergerollt? Die Antwort ist: während das Einkommen der obersten 1% um 31% von 2009 bis 2012 gestiegen ist, ist das reale Einkommen der unteren 40% tatsächlich um 6% gefallen. Warum soll der Gebrauch von Essensmarken zurückgegangen sein?



SNAP-Programm als Anteil (in %) des BIP in den USA, Graph: Prof. Paul Krugman

Dennoch ist das SNAP, wie Paul Ryan es ausdrückt, ein Beispiel der Umwandlung des Sicherheitsnetzes in „eine Hängematte“, die fähige Menschen in Abhängigkeit und Selbstzufriedenheit wiegt, schildert Krugman weiter.

Zu  "einige Hängematte": Im vergangenen Jahr beliefen sich die Lebensmittelgutscheine auf 4,45 USD pro Tag.

Zu „fähigen Menschen“: Fast zwei Drittel der SNAP-Nutzniesser sind Kinder, ältere Menschen oder Behinderte und der Rest meistens Erwachsene mit Kindern.

Darüber hinaus könnte man denken, dass die Gewährleistung einer angemessenen Ernährung für die Kinder (was ja einen grossen Teil des SNAP ausmacht) es eigentlich weniger wahrscheinlich macht, dass diese Kinder arm werden und staatliche Unterstützung brauchen, wenn sie aufwachsen. Und das ist auch, was die Beweise zeigen.

SNAP ist laut Krugman die öffentliche Politik vom Feinsten. Die Debatte besagt, dass Konservative alle solche Programme für eine spezielle Wut aussondern wollen.



Einkommen und SNAP in den USA, Graph: Prof. Paul Krugman

Einkommen (20th percentile), die linke Achse (seitenverkehrt) als Anteil an der Bevölkerung, die auf SNAP angewiesen ist.


Selbst einige konservative Experten befürchten, dass der Streit um die Essensmarken, v.a. im Zusammenhang mit der Abstimmung für höhere Agrarsubventionen zu Gunsten von Bauern, schlecht für die GOP ist, weil die Republikaner dabei wie engherzige Klassen-Kämpfer aussehen. Es ist tatsächlich so, unterstreicht Krugman. Und das ist, weil sie es sind.

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