In einem lesenswerten Artikel („Germany is being crushed by its export obsession“) in FT nimmt Adam Posen das deutsche, einzig exportorientierte Wirtschaftsmodell auseinander. Sachlich, mit konkreten Zahlen.
Wenn Deutschlands
Wirtschaftsmodell die Zukunft Europas sein soll, wie von der Kanzlerin Merkel
anpreist wird, dann sollten wir ziemlich beunruhigt sein, bemerkt der Präsident
des Peterson Institute for International
Economics (PIIE) in Washington.
Deutschlands Weg zur
Wettbewerbsfähigkeit beruht auf der Senkung der Arbeitskosten. Lohnsenkungen
sind die Grundlage des Exporterfolges in den letzten 12 Jahren gewesen, hebt
Posen hervor: Niedrige Löhne sollten aber für ein reiches Land keine Basis bilden,
um mit anderen Ländern in Konkurrenz zu stehen.
Deutschland hat jetzt den
höchsten Anteil der Niedriglohn-Arbeitnehmer im Verhältnis zu nationalen
Median-Einkommen im Westeuropa. Durchschnittliche Löhne sind nach mehr als
einem Jahrzehnt Stagnation zum ersten Mal im Vorjahr gestiegen, unterstreicht
Posen.
Idealerweise sollte ein
wohlhabendes Land (1) durch Forschung & Entwicklung und Kapitalanlage
wettbewerbsfähiger werden. Die andere
Möglichkeit ist, (2) in Human Capital zu investieren. Das heisst, die
Arbeitskraft auszubilden.
Ad 1) Die
Brutto-Anlageinvestitionen fallen in Deutschland seit 1991 stetig, von 24% des
BIP auf 18%. Die deutschen Investitionen bleiben laut OECD seit 2001
kontinuierlich deutlich unter der Rate des Restes der G7-Länder.
Ad 2) In Kanada, Frankreich,
Japan, Polen, Spanien, Grossbritannien und den USA ist der Anteil der jungen
Arbeitnehmer mit höherer Bildung mindestens 10% höher als in Deutschland, in
den meisten Fällen sogar 20% höher.
Das Ergebnis ist, dass (a) Deutschlands
Produktivität niedriger ist als die der gleichrangigen Länder. Das Wachstum des
BIP pro Arbeitsstunde liegt 25% unter dem OECD-Durchschnitt. Kein Wunder, dass
Deutschland versucht, seine Wettbewerbsfähigkeit durch die Reduzierung der
relativen Löhne und die Verlagerung der Produktion nach Osten zu verbessern,
erläutert Posen weiter.
Und (b) die Ungleichheit in der
Gesellschaft nimmt zu und die Zurückhaltung der Unternehmen zum Investieren hält
an.
Die Export-Besessenheit hat
politische Entscheidungsträger davon abgelenkt, (i) die Banken zu
rekapitalisieren, (ii) den Dienstleistungssektor zu öffnen und (iii) Anreize
für die Umverteilung des Kapitals weg von den alten Industrien zu fördern,
fasst Posen als Fazit zusammen.
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