Die Debatte über die Austerität hat vor Augen geführt, wie staatskritisch die Mainstream-Ökonomen sind. Das eine Argument lautet meistens, dass die Bürger das Vertrauen in den Staat verlieren, weil die Staatsverschuldung steigt.
Neulich hat Jeremy Warner in diesem Zusammenhang in einem Kommentar im Daily Telegraph eine ziemlich plakative Vorstellung geprägt, dass man am Ende entweder für einen kleinen oder einen grossen Staat sei. Und diejenigen, die einen grossen Staat befürworten die Austerität deswegen verabscheuen, weil die Sparmassnahmen auf eine Kürzung der Staatsausgaben hinauslaufen. Seiner Meinung nach kann in den Staat daher nur in Krisenzeiten eingewirkt werden. Das möge zwar pro-zyklisch sein. Aber die Menschen hätten in guten Zeiten sonst nie die Lust darauf, die Grösse des Staates zurückzufahren.
In einer guten Antwort auf Warners Äusserungen bemerkt Simon Wren-Lewis in seinem Blog, dass das intellektuelle Argument gegen die Austerität überhaupt nichts mit der Grösse des Staates zu tun hat.
Die Hauptargumentation ist, dass es töricht ist, zu versuchen, den Staat in eine kleinere Dimension zurückzuführen, wenn die nominalen Zinsen nahe null (zero lower bound) liegen. Ausserdem wird die Kürzung der Staatsausgaben i.d.R. so gerechtfertigt, dass die Verschuldung abgebaut werden müsse, nicht um der Tugend eines kleinen Staates willen. Und die vorübergehende Verringerung der Grösse des Staates, um die Staatsschulden abzubauen und die dauerhafte Reduzierung der Grösse des Staates sind zwei verschiedene Sachen.
Es ist daher so, dass nur die eine Seite in der Debatte über die Austerität die Sache als „big-state“ versus „small-state“ betrachtet. Die Gegner der Austeritätspolitik sind deswegen dagegen, weil die harschen Sparmassnahmen in einer Depression die Situation verschlimmern. Und sie haben Recht damit.
Die Befürworter der Austerität aber lügen über ihre Motive, schreibt Paul Krugman dazu in seinem Blog. Man braucht die Argumente der Anhänger der „expansiven Austerität“ kurz Revue passieren zu lassen: Es sind alles Ausreden, um den Sozialstaat zu demontieren. Das wiederum erklärt den intellektuellen Zusammenbruch ihrer vermeintlichen Argumentation, die keinen Unterschied im Hinblick auf ihre politische Position macht.
Diejenigen, die sich für die Austerität einsetzen, sind nicht nur unaufrichtig, sondern sie scheinen nicht zu begreifen, dass die Gegner der Austeritätspolitik im guten Glauben argumentieren. Krugman erinnert in diesem Kontext an die Angriffe gegen Christy Romer. Ökonomen wie Robert Lucas haben hemmungslos behauptet, dass Professorin Romer alles einfach erfinde, um einer politischen Agenda zu dienen.
Mit anderen Worten war das Ganze bisher keine symmetrische Debatte. Die Gegner der Austerität haben die Debatte zwar in Bezug auf die Fakten gewonnen. Aber sie verlieren weiterhin in der politischen Sphäre, fasst Krugman zusammen.
Fazit: Es gibt zwar Ökonomen im Dienste der rechten Think-Tanks und in einigen internationalen Organisationen, die die Austerität tatkräftig befürworten. Aber es ist kaum ein Ökonom mit einem grossen unabhängigen Ruf zu finden, der die Austerität gutheisst.
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