Montag, 9. September 2013

Konservative Experten in der amerikanischen Parteipolitik

Paul Krugman befasst sich in seiner lesenswerten Kolumne („The Wonk Gap“) am Montag in NYTimes mit der Politik der Desinformation auf der rechten Seite des politischen Spektrums in den USA. Der an der Princeton University lehrende Wirtschaftsprofessor zeigt, wie die „wonk gap“ der konservativen Sache schadet.

Mit „wonk gap“ beschreibt Krugman den fast vollständigen Mangel an Know-how über alles Wesentliche bei der GOP. Das prominenteste Beispiel ist das Gesundheitswesen.

Am Samstag hat Senator John Barrasso von Wyoming die wöchentliche Botschaft der republikanischen Partei mitgeteilt: Er fordert die Aufhebung des „Affordable Care Act“ (des amerikanischen Gesetzes, das den Zugang zu Krankenversicherung in den USA regelt) und kündigt „sticker shock“ in den kommenden Monaten voraus, wie Krugman schildert.

Barrossos Bemerkungen sind insofern interessant, als sie von Barrosso nicht in der Art und Weise beabsichtigt werden. Denn die jüngsten News über die Kosten im Gesundheitswesen sind insgesamt gut ausgefallen. Gerade dann, wo die Ängste vor „sticker shock“ (Preisschock) verschwinden, sagt Barrosso einen Preisschock beim Verbraucher voraus. Warum macht er das?


Laut Krugman handelt es sich dabei um eine versehentliche Veranschaulichung der sog. geistigen Lücke an Kenntnissen bei den republikanischen Politikern. Die aktuellen Zahlen deuten darauf hin, dass die Kosten im Gesundheitswesen, seitdem das Gesetz (Affordable Care Act) erlassen wurde, fallen. Und die Prämien im Durchschnitt werden erheblich geringer ausfallen als von CBO (Congressional Budget Office) vorhergesagt worden ist.

Die Republikaner erfahren aber davon nichts, weil sie auf konservative „Experten“ hören, die stetig Fehlinformationen verbreiten. Wie viele Republikaner wissen, dass die Beschäftigung im öffentlichen Sektor seit der Amtsübernahme der Obama Regierung nicht gestiegen, sondern gesunken ist?

Politischer Konservatismus und politische Analyse können koexistieren, hebt Krugman hervor, mit dem Hinweis auf die 1980er Jahre, wo Gesundheitsexperten im Heritage sich im guten Glauben um einen Plan für die universelle Krankenversicherung bemühten. Und sie haben ein System vorgeschlagen, welches heute als Obamacare bekannt ist.

Das war aber damals. Heute hat sich der moderne Konservatismus angesichts der Verschwörungstheorien, die präsentiert werden, wenn Tatsachen unbequem vorkommen, zu einer Art Kult entwickelt, legt Krugman dar. Die von Demokraten gebotene Politik verursache demnach nur Hyperinflation: Die niedrigen Werte im Hinblick auf den Verlauf der Inflation reflektieren statistisch manipulierte Daten. Wenn der Klimawandel die Notwendigkeit des staatlichen Handelns impliziert, dann muss die globale Erwärmung nur ein gigantischer Nepp sein. Mitt Romney hätte die Wahl gewonnen ,wenn er nur ein realer Konservativer gewesen wäre, bemerkt Krugman.

Da alles mag sich lustig anhören. Aber der ausser Kontrolle geratene Kult hat im Repräsentanten Haus die Mehrheit, die angesichts der zerstörerischen Macht die gesamte Wirtschaft in ein Chaos stürzen kann, z.B. durch die Verweigerung, die Schuldenobergrenze (debt ceiling) anzuheben. Krugman hält es daher für beunruhigend, dass diese Macht in den Händen von Männern liegt, die wegen der „geistigen Lücke an Expertise“ ganz wörtlich genommen keine Ahnung davon haben, was sie tun.


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