Dienstag, 21. Januar 2014

Niedrige Inflation und Deflationsfalle

In der nach wie vor angeschlagenen Wirtschaft Europas steuern die nominalen Zinsen auf die Null-Grenze (zero lower bound) zu. Niedrige Inflation ist fast in der ganzen Welt weit verbreitet, wie in der Abbildung zu sehen ist.

Die Inflation verläuft beinahe quer über alle G10-Länder unterhalb des Zielwertes. 

Der harmonisierte Verbraucherpreisindex (HICP) fällt in Europa seit 12 Monaten so stark, dass die Eurozone jetzt nur noch ein Steinwurf vor dem Abrutsch in die Deflation entfernt ist, wie Morgan Stanley Analysten in einer gestern vorgelegten Forschungsarbeit zum Ausdruck bringen.

Die Gefahr ist, dass die realen Zinsen steigen, wenn die Inflationserwartungen sich weiter zurückbilden. Das wäre die Deflationsfalle, bevor die Eurozone in eine ausgemachte Deflation gerät. Der Anstieg der realen Last der Schulden hätte für die europäische Wirtschaft fatale Folgen.

Fakt ist, dass es der EU-Kommission einfach nicht gelingt, die Wettbewerbsfähigkeit im Euro-Raum via Lohnsenkungen (internal devaluation) zu erhöhen.



Niedrige Inflation rund um die Welt, Graph: Morgan Stanley

Da die Fiskalpolitik nach dem Dogma der Austerians ausgeschlossen ist, bleibt die einzige Möglichkeit die Geldpolitik. Wird die EZB handeln?

Das Problem ist, dass die Defizit-Schimpfer, d.h. diejenigen, die wider besseres Wissen behaupten, dass unverantwortliche Haushaltspolitik (*) die Ursache der Euro-Krise sei, in der Praxis durch die Förderung einer rigiden Sparpolitik dafür sorgen, dass die Arbeitslosigkeit auf hohem Niveau verbleibt.




Der harmonisierte Verbraucherpreisindex (HICP) Rückgang in der Eurozone, Graph: Morgan Stanley


Angesichts der schwachen Kapazitätsauslastung sowohl im Kern als auch in der Peripherie und der hohen Arbeitslosigkeit im Euro-Raum ist noch eine lange Zeit mit Niedrig-Inflation zu rechnen.



Überschusskapazität (excess capacity) in der Eurozone, Graph: Morgan Stanley




Exkurs:

(*) Spanien und Irland hatten am Vorabend der Euro-Krise Überschuss im Haushalt. Portugal hatte weniger Staatsverschuldung im Verhältnis zum BIP als Deutschland.

Problem sind nicht die Staatsschulden, sondern die Ungleichgewichte im Aussenhandel. Der Exportanteil Deutschlands macht mehr als 50% der Wirtschaftsleistung aus. Der Leistungsbilanzüberschuss beläuft sich auf 7% des BIP. Mainstream-Medien mokieren sich über Frankreich, dass das Land in Europa hinterher hinke. Aber bei näherer Betrachtung sind die Unterschiede nicht so gravierend: Wirtschaftswachstum (2013): Deutschland 0,4% und Frankreich 0,2%. 

Der private Verbrauch stagniert in Deutschland seit mehr als zehn Jahren. Das ist für die grösste Volkswirtschaft Europas ein Armutszeugnis. In Deutschland müssten die Löhne erhöht werden, um die Binnennachfrage anzukurbeln. Steigen die Löhne real nicht an, kommt der Konsum zum Erliegen. Die Preise fallen weiter.

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