Die Zentralbanken sind an das vom
Gesetzgeber erteilte Mandat gebunden. Es gibt jedoch einen gewissen Spielraum,
damit die Zentralbanken für die Sicherung der Preisstabilität sorgen können.
In diesem Zusammenhang hat Thomas
Jordan, SNB-Präsident am Donnerstag einen Vortrag in Zürich gehalten. Im
Zentrum stand die Frage, ob die Zentralbanken nun im Sog der Finanzkrise von
2008 ihre Rolle überdenken und
allenfalls neu interpretieren müssen?
Sein Fazit: Die Zentralbanken
sind in ihrer Rolle als Feuerwehr bisher insgesamt erfolgreich gewesen. Die SNB
hat als unabhängige Zentralbank weiterhin (I) die Preisstabilität zu
gewährleisten und dabei (II) der konjunkturellen Entwicklung Rechnung zu
tragen.
Jordan hat ferner zu den seit ein
paar Jahren v.a. in den amerikanischen Wirtschaftsblogs oft diskutierten drei Vorschlägen
Stellung genommen.
(a) Der SNB-Chef ist damit nicht
einverstanden, die Preisstabilität breiter zu interpretieren: Es wäre falsch,
neben Konsumentenpreisen auch Vermögenspreise zu umfassen. Die SNB soll die
Entwicklung der Vermögenspreise und insbesondere der Immobilienpreise nicht
vernachlässigen.
Aber sie sollte nicht versuchen, Vermögenspreise mit Hilfe des
Zinsinstrumentes zu stabilisieren, weil es mit der Preisstabilität zu einem
Zielkonflikt führen kann. Laut Jordan kann Übertreibungen an den
Immobilienmärkten mit makroprudenziellen Instrumenten entgegengewirkt werden.
Schweiz Produktionslücke (output gap), Graph: SNB Quartalsheft 4/2013
(b) Jordan hat auch die Frage, ob
die von den meisten Zentralbanken angestrebten Inflationsziele nicht zu tief
angesetzt worden sind, zurückgewiesen. Dem Argument, dass höhere Inflationsziele
in schweren Krisen, wenn die nominalen Zinsen auf der Null-Grenze liegen, den
Spielraum der konventionellen Geldpolitik vergrössern würden, kann Jordan nach
eigenen Worten nicht folgen. Die zinspolitische Nullgrenze habe sich nicht als
unüberwindbares Hindernis für die Geldpolitik herausgestellt.
(c) Jordan kann sich auch mit dem
Vorschlag, das Kriterium der Preisstabilität durch weitere Richtgrössen (Beschäftigung
und Wachstum) zu ergänzen, nicht anfreunden. Wachstum und Beschäftigung seien
selbstverständlich zentrale volkswirtschaftliche Grössen.
Die SNB habe bereits das Mandat, der konjunkturellen Entwicklung Rechnung zu tragen. Konkrete
Vorgaben für Wachstum und Beschäftigung würden Erwartungen schüren, denen die
SNB auf Dauer nicht genügen könnte. Die Geldpolitik eigne sich nicht für eine
Feinsteuerung der Wirtschaft.
Schweiz Kerninflation (core inflation), Graph:
SNB Quartalsheft 4/2013
Es ist interessant, bei dieser Gelegenheit
kurz zusammenzufassen, wie die SNB mit der Umsetzung ihres Mandates in den letzten Jahren vorgegangen ist. Die SNB
hat auf Dimensionen gestossen, die früher unvorstellbar gewesen wären:
(1) Die SNB hat zunächst als
Antwort auf die Krise die Zinsen bis auf null gesenkt.
(2) Dann hat sie als lender of last resort dem Bankensystem in
Zusammenarbeit (swap lines, längerfristige
Repo-Geschäfte) mit anderen Zentralbanken umfangreiche Liquiditätshilfe gewährt.
(3) Auf der Null-Grenze (zero lower bound) hat die SNB auf unkonventionelle (QE, Forward Guidance) und neuartige Instrumente (StabFund und Mindestkurs) zurückgegriffen:
mengenmässige Lockerung der Geldpolitik (QE: quantitative easing)
(4) Besonders erwähnenswert ist die
Festlegung eines Mindestkurses von 1,20 EUR pro CHF. Um dem Deflationsrisiko,
das durch die übermässige Aufwertung des CHF ausgelöst wurde, entgegenzuwirken,
hat die SNB massiv am Devisenmarkt interveniert.
(5) Die Bilanzsumme der SNB, die sich Ende 2006
auf rund 100 Mrd. CHF belief, weitete sich bis auf fast 500 Mrd. CHF aus.
(6) Neben quantitative easing hat die SNB aber auch qualitative easing betrieben: Der Anteil
der Aktien im Portfolio (1‘600 Einzeltitel) wurde auf 12% erhöht.
(7) Um die Finanzstäbilität zu
erhalten, hat die SNB ferner makroprudenzielle Massnahmen getroffen: (a) Der antizyklische Kapitalpuffer (CCB: countercyclical capital buffer) und (b) die Festlegung von Eigenkapital-Anforderungen
für die systemrelevante Banken (TBTF: too
big to fail).
Die SNB verfolgt die
internationale Debatte um die Geldpolitik und agiert nach einem Motto „Vorbeugen
is besser als Heilen“. Und die SNB legt selbst grossen Wert auf die
Kommunikation, z.B. in Form von Referaten und nicht zuletzt in regelmässiger Ankündigung einer
bedingten Inflationsprognose.
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