Während die Fed im Sog der
Finanzkrise von 2008 eine mengenmässige Lockerung der Geldpolitik praktizierte,
um die Wirtschaft anzukurbeln, hat die EZB lediglich die Zinsen gesenkt und
unbegrenzte Liquidität auf längere Laufzeit für die Banken zur Verfügung
gestellt.
Nun schickt sich die Fed an, den
Ankauf von Anleihen (QE-Policy) am offenen Markt allmählich zurückzufahren. In
der Eurozone hingegen mehren sich Anzeichen, dass das Deflationsrisiko zunimmt.
Was ist zu erwarten? EZB-Präsident Mario Draghi hat vergangene Woche erklärt,
dass die Inflation für einen längeren Zeitraum niedrig bleibt.
Wird die EZB jetzt wie die Fed,
BoE und BoJ unorthodox in Bezug auf die Gestaltung der Geldpolitik, wie the Economist nahelegt?
Vor diesem Hintergrund verweist James Hamilton in seinem Blog auf die Bedeutung der Ertragskurve. Gestützt auf einen
Analyse-Ansatz von Dora Xia und Cynthia Wu unterstreicht der an der University
of California, San Diego lehrende Wirtschaftsprofessor, dass es latente
Faktoren gibt, die die Veränderungen der Zinsen über die Zeit mit
unterschiedlichen Laufzeiten bestimmen.
Die Dynamik dieser Faktoren
folgen einfachen linearen Gleichungen. Während normalen Zeiten ist der
Tagesgeldzinssatz (overnight interest
rate) eine besondere lineare Funktion dieser Faktoren. Die Idee ist, mit
der Verwendung der gleichen linearen Funktion die jüngste Entwicklung der
Zinsen zu beobachten, auch wenn sich dabei negative Zahlen hergeben.
Schatten-Zinssatz für die Euro
Zone, Graph: Fan Dora Xia in: UCSanDiego Economics
Diese Zahl, die dem Tagesgeldsatz
entspricht, wenn sie positiv ist, kann aber berechnet werden, auch wenn sie
negativ ist. Das nennt man den „Schatten“
(shadow) kurzfristigen Zinssatz. Der
eigentliche Tagesgeldsatz ist dann das Maximum des Schatten-Zinssatzes und
stellt eine positive Null-Grenze für die Zinsen dar.
Die Analyse des
Schatten-Zinssatzes hilft, die Auswirkungen der einigen unkonventionellen Massnahmen
der Geldpolitik durch die Zentralbank zusammenzufassen.
Bemerkenswert ist, dass der
Schatten-Satz der EZB nach der Ankündigung von längerfristigen
Refinanzierungsgeschäften (LTRO) durch die EZB in den negativen Bereich gerutscht
ist.
Fazit: Die monetären
Rahmenbedingungen in der Eurozone sind zur Zeit nicht locker genug. Die EZB hat noch Spielraum.
Euro-Raum: Vebraucherpreisindex
(CPI) und Geldmenge M3, Graph: TheEconomist
Exkurs:
Die Ertragskurve (yield curve) spiegelt die Erwartungen
der Markteilnehmer in Bezug auf zukünftige Zinsänderungen und ihre
Einschätzungen der monetären Bedingungen wider.
Es gibt keinen anderen
Indikatoren, der den Verlauf der Wirtschaft so genau vorhersagen kann wie die
Ertragskurve. Was die Ertragskurve von allen anderen Wirtschaftsindikatoren
unterscheidet, ist, dass sie von keiner staatlichen oder privaten Institution
erstellt wird, sondern direkt durch die Erwartung der Marktteilnehmer geprägt
ist. Der Vorteil ist, dass man auf die Veröffentlichung des Indikators nicht
warten muss. Die Ertragskurve kann nämlich jederzeit an jedem Handelstag
beobachtet werden.
Im Allgemeinen steigen die
Renditen im Einklang mit der Laufzeit, was der Ertragskurve eine nach oben
geneigte Struktur (ansteigende Kurve) verleiht. Das ist die sog. „normale Ertragskurve“. Eine
grundlegende Erklärung dafür ist, dass die Kreditgeber für Kredite mit längerer
Laufzeit mehr Zinsen (im Vergleich zu kurzfristigen Krediten) verlangen, als
Ausgleich für das höhere Risiko, welches damit verbunden ist.
Gelegentlich können langfristige
Renditen unter kurzfristigen Renditen fallen. Das nennt man dann eine „inverse Kurve“ (inverted
yield curve), was im Allgemeinen als Vorbote einer Rezession betrachtet
wird.
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