Freitag, 17. Januar 2014

Schade um Europa - Frankreich macht sich das Say’sche Gesetz zu eigen

François Hollande hat etwas wirklich Skandalöses getan, schreibt Paul Krugman in seiner lesenswerten Kolumne („Scandal in France“) am Freitag in NYTimes.

Der an der Princeton University lehrende Wirtschaftsprofessor redet natürlich nicht über die angebliche Affäre des französischen Präsidenten. Was schockierend war hingegen Hollandes Umklammerung der bereits diskreditierten wirtschaftspolitischen Lehrmeinung der Rechten.

Es ist ein Hinweis darauf, dass Europas anhaltende wirtschaftliche Probleme nicht vollständig auf die schlechten Ideen der rechten Seite des politischen Spektrums zurückgeführt werden können, erklärt Krugman.

Ja, die gefühllosen, verbohrten Konservativen betreiben die Politik seit langem. Aber sie werden von den rückgradtlosen und wirren Politikern auf der linken Seite des politischen Spektrums geradezu unterstützt und aktiviert.

Im Moment scheint Europa aus der Double-dip Rezession zu kommen und etwas zu wachsen. Aber der leichte Aufwärtstrend folgt mehreren Jahren einer katastrophalen Performance.

In diesem depressiven und deprimierenden Umfeld schneidet Frankreich nicht besonders schlecht ab. Es ist wahr, dass die neuesten Daten darauf hindeuten, dass Frankreich am allgemeinen Aufwärtstrend Europas nicht beteiligt ist. Die meisten Beobachter führen aber die Entwicklung auf die Austeritätspolitik zurück.

Hollande hat nun über seine Pläne für einen Kurswechsel der Wirtschaftspolitik gesprochen. Und es ist schwer, das Gefühl der Verzweiflung nicht zu spüren, beschreibt Krugman.



Frankreichs Fiskal Ausblick, Graph: Prof. Paul Krugman

Hollande hat seine Absicht zum Ausdruck gebracht, die Steuern für Unternehmen zu senken, während die Staatsausgaben zum Ausgleich gekürzt werden sollen: „ Es hängt von dem Angebot ab. Wir müssen agieren“. Und der französische Präsident hat hinzugefügt, dass das Angebot die Nachfrage schafft.

Das hört sich wortwörtlich nach dem sich als Trugschluss erwiesenen Say’schen Gesetz an, so Krugman, nämlich der Behauptung, dass ein Nachfrageausfall nicht stattfinden kann, weil die Menschen ihr Einkommen für etwas ausgeben müssen. Das ist einfach nicht wahr, hebt Krugman hervor. Alle Beweise zeigen, dass Frankreich über produktive Ressourcen verfügt, sowohl Arbeit als auch Kapital, welche einfach herumsitzen, weil es an Nachfrage mangelt.



Frankreichs Kerninflation, Graph: Prof. Paul Krugman

Warum nimmt sich Hollande jetzt eines bereits diskreditierten Dogmas an? Auf welche Tatsachen stützt sich seine Angebotspolitik ab?

Es ist laut Krugman ein Zeichen der Unglückseligkeit der europäischen Mitte-Links Politik. Seit vier Jahren befindet sich Europa im Griff der Austerität-Fieber, mit meist verheerenden Folgen. Angesichts der Härte, die diese Politik verhängt hat, möchte man erwarten, dass die Links von der Mitte Politiker energisch auf einen Kurswechsel drängen. Doch überall in Europa zeigt die Mitte-Links Schwäche, halbherzige Kritik und oft einfach ein Zusammenzucken.

Hollande wird damit zum Anführer der zweit-platzierten Euro-Wirtschaft, während einige von uns erwartet hätten, dass er dagegen Zeichen setzen würde. Stattdessen zuckt er zusammen. Ein Katzbuckeln, welches sich nun als geistiger Zusammenbruch erweist, so Krugman als Fazit. Und damit vertieft sich Europas Depression weiter.

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