Fünfzig Jahre sind vergangen,
seit Lyndon Johnson Krieg gegen die Armut erklärte. Für eine lange Zeit „wusste“
jeder, dass der Krieg gegen die Armut ein erbärmlicher Fehlschlag gewesen ist,
schreibt Paul Krugman in seiner
lesenswerten Kolumne („The changing
politics of poverty“) am Freitag in NYTimes.
Und sie wussten, warum: es war
die Schuld der Armen selbst. Aber was jeder wusste, war nicht wahr, und die
Öffentlichkeit scheint sich nun gefangen zu haben, unterstreicht der an der Princeton University lehrende
Wirtschaftsprofessor.
Die Erzählung ging etwa so: Armut
war im Grunde genommen ein soziales Problem; ein Problem der zerbrochenen
Familien, der Kriminalität und eine Kultur der Abhängigkeit, die durch
staatliche Hilfe nur verstärkt wurde. Und weil diese Erzählung allgemein
akzeptiert wurde, war es eine gute Politik, die Schuld den Armen in die Schuhe
zu schieben (bashing the poor).
Doch die Sicht der Armut, die in
den 1970er Jahren einige Wahrheit mag beinhaltet haben, hat keine Ähnlichkeit
mit allem, was da seither geschehen ist, erläutert Krugman weiter.
Eine Sache ist, dass der Krieg gegen
die Armut in der Tat eine ganze Menge erreicht hat. Die Evidenz deutet auf eine
grosse Verbesserung im Leben von Amerikas Armen hin.
Und wenn Fortschritte gegen die
Armut dennoch enttäuschend langsam erfolgen, liegt es nicht an Armen. Das
Problem der Armut wurde zu einem Teil des umfassenden Problems der steigenden
Einkommensungleichheit. Wie soll nun darauf reagiert werden?
Die konservative Position ist im
Wesentlichen, dass wir gar nicht darauf reagieren. Konservative behandeln Empfänger
eines Sicherheitsnetz-Programms, wie wenn sie eine Cadillac fahrende
Wohlergehen-Königin wären. Warum? Die Position der Konservativen war
schliesslich ein politischer Treffer, weil die Mittelklasse Amerikaner „Wohlfahrt“
als etwas sehen, was nur „diese Leute“ haben, aber nicht sie.
Aber das war damals. An diesem
Punkt ist der Aufstieg der 1% auf Kosten von allen anderen so offensichtlich,
dass es heute nicht mehr möglich ist, jede Diskussion über die wachsende
Ungleichheit mit dem Ruf nach „Klassenkampf“ zu beenden, so Krugman.
Inzwischen wurden viel mehr Amerikaner von harten Zeiten gezwungen, sich an
Sicherheitsnetz-Programme zu wenden. Dass die Konservativen einen ständig wachsenden Anteil der Bevölkerung als moralisch
unwürdige „Nehmer“ (taker) beschreiben, zeigt, wie hartherzig und kleinlich sie
geworden sind.
Mittlerweile gehen die
Progressive in die Offensive. Sie haben beschlossen, dass die Ungleicheit
politisch ein Treffer ist. Sie sehen den Krieg gegen die Programme für die von
der Armut betroffenen Menschen (wie z.B. Lebensmittelmarken, Medicaid, EITC)
als Erfolgsgeschichten. Und wenn diese Programme eine zunehmende Anzahl von Amerikanern
umfassen, was soll’s?
An seinem 50. Jahrestag sieht der Krieg gegen die Armut wie ein Fehlschlag aus. Doch, es
sieht stattdessen nach einer Vorlage für eine steigende, Zuversicht vermittelnde
progressive Bewegung aus, hält Krugman als Fazit fest.
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