Was John Maynard Keynes 1936 geschrieben hat, gilt auch für heute. Und
in einer besseren Welt würden unsere Politiker alles unternehmen, um soziale Verwerfungen
zu beheben, schreibt Paul Krugman in
seiner lesenswerten Kolumne ("The populist imperative") am Freitag in NYTimes.
“The outstanding faults of the economic society in which we live are its failure to provide for full employment and its arbitrary and inequitable distribution of wealth and incomes”
„Die herausragenden Verwerfungen
der wirtschaftlichen Gesellschaft, in der wir leben, sind ihr Versagen, für
Vollbeschäftigung zu sorgen und die willkürliche und ungerechte Verteilung von
Vermögen und Einkommen“. (*)
Leider können wir uns glücklich
schätzen, wenn Politiker sich wenn auch nur einer der zwei grossen
wirtschaftlichen Störstellen annehmen. Wenn Präsident Obama mit seiner „Rede
zur Lage der Nation“ die Ungleichheit ansprechen sollte, müsste jeder ihm
Beifall spenden, bemerkt Krugman.
Die Politiker tun es aber nicht. Der
Präsident steht zwei Arten von „sniping“
gegenüber: Die übliche Verdächtigen auf der rechten Seite des politischen
Spektrums werden, was sie immer tun, wenn es um die Frage der
Einkommensungleichheit geht, gellend
aufschreien: Klassenkampf! Aber es gibt scheinbar auch eher nüchterne Stimmen,
die argumentieren, dass der Präsident das falsche Thema aufgreife: Beschäftigung,
nicht die Ungleichheit sollte auf der obersten Stelle der Agenda stehen.
Sie liegen aber alle falsch,
erklärt Krugman. Zunächst einmal sind Beschäftigung und Ungleichheit, wenn
nicht identisch, eng verbunden. Darüber hinaus gibt es eine noch stärkere
Argumentation dafür, dass die hohe Arbeitslosigkeit (durch die Zerstörung der
Verhandlungsmacht der Arbeitnehmer) zu einer Hauptquelle der wachsenden Ungleichheit und stagnierender Einkommen geworden
ist, sogar auch für diejenigen Glücklichen, die einen Job haben.
Gallup Umfrage: 67% der Amerikaner sind mit
Einkommen und Wohlstandsverteilung unzufrieden, Graph: Prof. Paul Krugman
Abgesehen davon sind Ungleichheit
und makroökonomische Politik laut Krugman bereits als Politikum untrennbar
verbunden. Zum Beispiel käme zwei Drittel der Ausgabenkürzungen, die im
vergangenen Jahr von Paul Ryan, dem Vorsitzenden des Haushaltsausschusses vorgeschlagen wurden, zu
Lasten der Familien mit geringerem Einkommen.
Die Kehrseite dieser Versuche
ist, dass die Ungleichheit durch fiskalpolitische Angst verschlimmert wird, so
dass die zum Ausdruck gebrachten Bedenken in Sachen Ungleichheit schliesslich
in harsche Sparpolitik umgewandelt werden.
Der wichtigste Grund für Obama
ist aber, sich auf Ungleichheit als politischen Realismus zu konzentrieren. Ob
man es mag oder nicht: Die einfache Tatsache ist, dass die Amerikaner Ungleichheit
„verstehen“, während dasselbe für die Makroökonomie nicht gesagt werden kann.
Der Punkt ist, dass von den zwei
grossen Problemen, mit denen die US-Wirtschaft konfrontiert ist, eher die
Ungleichheit den Präsidenten mit den Wählern in Verbindung bringen kann. Die
Verbindung sollte daher mit gutem Gewissen gesucht werden. Es ist laut Krugman
keine Schande, die politische Realität anzuerkennen, solange man versucht, das
Richtige zu tun.
(*) Meine freie Übersetzung vom Englischen ins Deutsche.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen