Donnerstag, 11. August 2011

Wie kommt die Wirtschaft aus der Liquiditätsfalle?


Die Meldung, dass die BNY von Kunden Gebühren verlangt, wenn sie Bargeld auf ihren Konten halten, hat in den Medien erstaunlicherweise nicht auf viel Resonanz gestossen. Es ist aber ein spektakuläres Vorkommen und zeigt, in welcher übler Lage die Wirtschaft sich befindet.

Es ist ein Symptom, welches von John Maynard Keynes als „Liquiditätsfalle“ beschrieben wurde. Die Kondition ist durch die Wirtschaft charakterisiert, wo die Zinsen so niedrig sind, dass es Verbraucher, Unternehmen und Investoren egal ist, ob sie das Geld in bar oder festverzinslichen Anleihen halten, wie David Wessel in einem lesenswerten Artikel in WSJ beschreibt.

Da immer mehr Kunden keine Investitionen tätigen und ihr Geld auf dem Girokonto horten, hat die amerikanische Bank BNY beschlossen, ihre Kunden zur Zahlung einer Gebühr (in Höhe von 0,13%) für die Bareinlagen zu zwingen. Die BNY hat also auf den Sturm der Investoren auf die als sicher geltenden US-Treasury Bonds reagiert.


US 3-Monate T-Bills versus CPI (Konsumenten Preisindex), Graph: wsj.com

Eine Liquiditätsfalle ist eine Kondition, die sehr selten vorkommt, wie sie sich während der Grossen Depression ereignet hat. Dass sie in den 1990er Jahren wieder vorgekommen ist, und zwar in Japan, hat alle erstaunt.

Warum hat Keynes aber dieses Phänomen eine „Falle“ genannt?

Solange die Verbraucher und Unternehmen Bargeld halten, anstatt das Geld auszugeben oder zu investieren, weil wie einen schwachen Verlauf der Wirtschaft erwarten, bleibt die Wirtschaft schwach. Die im S&P-500 Index vertretenen Unternehmen verfügen heute laut WSJ über Bareinlagen in Höhe von insgesamt 963 Mrd. US-Dollar.

Die Geldpolitik der US-Notenbank verliert an Zugkraft, weil die Zinsen fast unmöglich unter Null gesenkt werden können. Mit Geld drucken lassen sich Anleihen kaufen, was sterile Bankeinlagen schafft, aber es kurbelt weder die Kreditvergabe noch die Ausgaben an.

Der Begriff „Liquiditätsfalle“ war Mitte des 20. Jahrhunderts der Gegenstand zahlreicher Debatten zwischen Keynes und seinen Zeitgenossen. Das Thema wurde 1998 von Paul Krugman wiederaufgenommen und weiterbelebt: „Niemand hätte gedacht, dass in Japan eine Liquiditätsfalle geschehen würde“, schrieb Krugman. „Nun ist es so weit. Und wir sollten uns nicht wundern, wenn es auch anderswo passieren würden“, hielt der an der University of Princeton lehrende Wirtschaftsprofessor fest.

Wenn wir aber in einer Liquiditätsfalle stecken, wie kommen wir heraus? „Ökonomen stellen drei Mittel (mit erheblichen Nebenwirkungen) bereit, sodass es eine Abneigung gibt, diese einzusetzen“, schildert Wessel in seinem Artikel.

Das klassische keynesianische Rezept lautet, dass der Staat Kredit aufnimmt, (die Zinsen sind immerhin sehr niedrig und Ersparnisse liegen brach) und ausgibt, um die Nachfrage anzukurbeln und Arbeitsplätze zu schaffen. Das würde im heutigen Kontext bedeuten, dass Washington jetzt Kredit aufnimmt und Investitionen tätigt, während es glaubwürdige Massnahmen zum Abbau des Defizits für später (keine Versprechen, sondern Veränderungen in Gesetzesform) vorbereitet.

Lars Svensson, der stellvertrende Gouverneur der schwedischen Zentralbank schlägt als „narrensicheren Ausweg aus der Liquiditätsfalle“ Abwertung vor, wie er in einem akademischen Paper im Jahre 2001 dargelegt hat.

Der Zinssatz, auf den es kommt, ist der um die Inflation angepasste Zinssatz (sticker price rate). Einige Ökonomen argumentieren, dass der Weg aus der Liquiditätsfalle ist, dass die Fed die Öffentlichkeit überzeugt, dass sie mehr Inflation schafft. Wenn die Inflation ansteigt, und die Zinsen nicht, dann werden die um die Inflation bereinigten Zinssätze fallen und sogar negativ werden, was schliesslich die Menschen veranlassen würde, Kredit aufzunehmen und Geld auszugeben.

Diese Idee findet z.B. bei Kenneth Rogoff und Greg Mankiw Anklang. „Der einzige praktische Weg, die lange Zeit des schmerzhaften Schuldenabbaus (deleveraging) und des schwachen Wirtschaftswachstums zu kürzen ist, ein Inflationsziel von 4% bis 6% zu verfolgen“, sagt Rogoff. Einkommen würden mit Inflation zunehmen ,aber die Schulden nicht. Und auf diese Weise würde die Verschuldung abgebaut.

„Svenssons Vorschlag zur Lösung der Liquiditätsfalle, zunächst eine Abwertung und dann eine Erhöhung des Inflationsziel ist clever. Aber es funktioniert nicht, wenn die ganze Wirtschaft in einer Liquiditätsfalle steckt, weil nicht alle gleichzeitig die Währungen gegeneinander abwerten können“, bemerkt Krugman dazu in seinem Blog.

„Einige von uns sind in dieser Krise nicht kalt erwischt worden. Wir machen uns über genau diese Art von Situation seit den 1990er Jahren Sorgen. Und es hat sich genau so ereignet, wie wir es beschrieben haben“, erklärt Krugman weiter. 

"Das ist ein Grund, warum es frustrierend ist, (a) zu beobachten, wie Politiker es verpfuschen und (b) wie Ökonomen, die keine Vorstellung für eine solche Krise in ihrem Konzept haben, nun einfach Dinge erfinden, um die Ereignisse, die sie veranlassen, alles zu überdenken, was sie bisher zu wissen glaubten, nachhinein zu rationalisieren".

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Die Geldpolitik der US-Notenbank verliert an Zugkraft, weil die Zinsen fast unmöglich unter Null gesenkt werden können.

Und wenn sie darunter gesenkt werden könnte würde es nicht für Konsum sorgen sondern dafür das Süekulanten sich Geld besorgen um eben den Finanzmarkt damit zu fluten. Sie würden Kredite aufnehmen, Leerverkäufe mit dem Geld tätigen oder vielleicht Gold kaufen.

Kaufen müssen es immer noch die Menschen oder vielleicht Firmen. Diese erhalten aber keine günstigen Kredite weil diese von Sicherheiten in Form von Vermögen oder stabilen Gewinnen/Einkommen abhängig sind - und diese existieren in solchen Zeiten ja eben nicht.

Grüße
ALOA