Die Entscheidung der Ratingsagentur Standard & Poor’s, erstmals in der Geschichte die Kreditwürdigkeit der USA herabzustufen, hat mehr mit Politik als mit Wirtschaft zu tun. Der Schuldendienst ist eindeutig überschaubar, bemerkt Mark Thoma in einem lesenswerten Artikel („The 4 Consequences of the S&P Downgrade“) in The Fiscal Times.
„Aber unsere Bereitschaft, die langfristige Verschuldungsfrage ernsthaft anzugehen, ist das eigentliche Problem. Die Agentur macht sich Sorgen, dass wir nicht bereit sind, die Ausgaben zu kürzen, und mehr noch, die Steuern zu erhöhen, wie notwendig, um den langfristigen Haushalt ins Gleichgewicht zu bringen“, unterstreicht der an der University of Oregon lehrende Wirtschaftsprofessor.
Thoma glaubt nicht, dass die USA sich jemals Zahlungsausfall (default) leisten würden. Das wäre das Letzte, was das Schatzamt tun würde. Thoma denkt daher nicht, dass die Herunterstufung der Bonität der USA von „AAA“ auf „AA+“ gerechtfertigt ist.
Die grösste Sorge ist, dass die Herabstufung der Bonität die Risikoprämien für die Verzinsung der US-Treasury Bonds erhöhen könnte. Das würde die Finanzierungskosten der Banken, der Finanzinstitute und von Fonds steigern, was dazu führen würde, dass die Banken die Zinsen, die sie im Allgemeinen für die Kunden in Rechnung stellen, erhöhen würden. Das wäre wieder schlecht, was die Investitionen von Unternehmen betrifft, da die Fremdkapitalkosten steigen würden. Es wäre ein Dämpfer für die Verbraucher, was die Ausgaben für langlebige Güter wie Autos und Kühlschränke betrifft. Auch die Nachfrage im Wohnungswesen würde zurückfallen, erklärt Thoma.
Die Frage ist, ob die Herabstufung der Bonität der US-Staatsanleihen so einen Anstieg der Zinsen auslösen würde, dass es eine Rolle spielt? Thoma rechnet nicht mit einem grossen Effekt.
(1) Grund dafür ist, dass die anderen zwei Rating-Agenturen, Moody’s und Fitch dem Beispiel wahrscheinlich nicht folgen werden. Es gibt nicht einmal unter den Rating-Agenturen eine Einigung um eine Rating-Herabstufung, die gerechtfertigt wäre.
Ein weiterer Grund, zu erwarten, dass die Auswirkungen auf die Zinsen klein werden, ist, dass die Investoren die Rating-Herunterstufung seit einiger Zeit erwartet haben.
Was ist aber mit Sorgen, die über einen eventuellen Zinsanstieg hinausgehen?
(2) Eine zweite mögliche Folge der Herabstufung käme von den Auswirkungen auf Unternehmen und Verbrauchervertrauen her. Konsumenten und Unternehmen könnten, was die Zukunft betrifft, in eine pessimistische Stimmung verfallen und Ausgaben und Investitionen kürzen.
Doch während dies möglicherweise passieren könnte, glaubt Thoma, dass die Bereitschaft der Verbraucher und der Unternehmen, zu konsumieren sowie zu investieren, von den Wachstumsaussichten von Output und Beschäftigung abhängt, als vom Wachstum der Verschuldung.
Ein Effekt des Vertrauens steckt hinter der neulichen Nervosität am Aktienmarkt. Uns wurde von den Befürwortern der strengen Sparmassnahmen (fiscal austerity) versprochen, dass die Verringerung der langfristigen Staatsverschuldung das Vertrauen der Unternehmen und der Verbraucher steigern würde, was wiederum die Wirtschaft ankurbeln würde. Aber gerade jetzt scheint genau das Gegenteil geschehen zu sein, bekräftigt Thoma.
Die angeforderten Kürzungen der Staatsausgaben zum Abbau des Haushaltsdefizits veranlassten Unternehmen und Verbraucher, einen Rückgang der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage in Zukunft zu erwarten, was zu einer Verlangsamung der Erholung der Wirtschaft und zu einem Absturz der Aktienkurse an der Börse geführt hat.
(3) Eine dritte mögliche Folge der Herabstufung hat mit der Fähigkeit der Bundesstaaten und kommunalen Verwaltungen zu tun, Infrastruktur-Projekte zu finanzieren. Es ist jetzt schwer, vorzustellen, dass die Anleihen von Bundesstaaten und lokalen Verwaltungen nicht hinterherhinken würden. Würden die Papiere auf der Ebene der Bundesstaaten und kommunalen Verwaltungen herabgestuft, könnte ein Anstieg der Zinsen die Ausgaben für die Infrastruktur reduzieren.
(4) Eine vierte mögliche Folge ist ein Anstieg der Versicherungskosten. Versicherungsgesellschaften halten eine beträchtliche Menge von Staatsanleihen in ihren Portfolios. Wenn die Aufsichtsbehörden die Eigenkapitalanforderungen erhöhen, um die Rating-Herabstufung auszugleichen, würden die Versicherungskosten i.d.R. steigen. Doch die meisten Beobachter erwarten, dass die bundesstaatlichen Aufsichtsbehörden die Anforderungen nicht verschärfen würden, erläutert Thoma.
Fazit: Die Herabstufung der Bonität der US-Staatsanleihen durch die S&P ist im Moment laut Thoma nicht der grösste Faktor, um sich Sorgen zu machen. Viel wichtiger sind die Aussichten für die Wirtschaft und die Schaffung von Arbeitsplätzen für die Menschen, die keine Jobds haben. Das muss die erste Priorität sein.
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