Samstag, 20. August 2011

Eine zweite Grosse Depression?


Die Volkswirtschaften der USA und Europas haben sich nach neuesten Daten deutlich abgeschwächt. Und das globale Wachstum enttäuscht weiter. Eine vernünftige Frage, die sich stellt, ist, ob die Wirtschaft in einer neuen Great Depression steckt?

„Die einfache Antwort ist „nein“. Die wichtigsten Merkmale der Grossen Depression haben sich noch nicht manifestiert und sie scheinen eher unwahrscheinlich“, bemerkt Simon Johnson in einem lesenswerten Artikel („A Second Great Depression, or Worse?“) in NYT.

„Aber es ist zunehmend wahrscheinlich, dass wir uns in der Mitte von etwas befinden, was fast so traumatisch ist wie eine lange Rezession, die mit einer gewissen Regelmässigkeit im 19. Jahrhundert gesehen wurde, insbesondere wenn die Politik in Hinblick auf die Präsidentschaftswahl in eine gefährliche Richtung steuert“, unterstreicht der ehem. Chefökonom des IWF.

Die Weltwirtschaftskrise hatte drei wesentliche Merkmale, die in den USA und den meisten anderen Ländern, die stark betroffen wurden, zu sehen waren. Keines davon wurde ein Teil der kollektiven Erfahrung seit 2007, erklärt Johnson.

(1) Die Produktion hat nach 1929 stark nachgelassen, real um über 25% in den USA, den Daten des Bureau of Economic Analysis zufolge. Im Gegensatz dazu hatten die USA einen relativ kleinen Rückgang des BIP nach dem Platzen des Booms. Laut BEA erreichte das amerikanische BIP im zweiten Quartal 2008 einen Wert von 14‘415 Mrd. $. In der Talsohle im zweiten Quartal 2009 belief sich das BIP auf 13‘854 Mrd. $, was ein Rückgang um 4% bedeutet, erklärt der an der MIT Sloan lehrende Wirtschaftsprofessor.

(2) „Die Arbeitslosigkeit ist in den USA während der 1930er Jahren über 20% geklettert und sie blieb dort. Im jüngsten Abschwung haben wir einen Rekord-Verlust an Arbeitsplätzen erlebt, mit rund 8 Mio. Jobs, die verloren gegangen sind. Aber die Arbeitslosigkeit hat die 10% Marke nur kurz berührt. Es ist eine Katastrophe in Sachen Jobs. Aber nicht im gleichen Umfang wie in der Grossen Depression“, beschreibt der Autor des Buches 13 Bankers.

(3) In den 1930er Jahren ist das Kreditsystem stark geschrumpft. Zum grossen Teil ist es auf die Banken zurückzuführen, die auf eine unkontrollierte Weise versagt haben, sodass insbesondere Kleinkunden in Panik Einlagen abgehoben haben, schildert Johnson. Die Schaffung der Einlagensicherungsbehörde (FDIC: Federal Deposit Insurance Corporation) hat dieser Art von Bank-Run ein Ende gesetzt. Trotz allem hat die FDIC eine beschwichtigende Rolle gespielt, bekräftigt Johnson.

Aber die Erfahrung am Ende des 19. Jahrhunders war auch ganz anders als aus den 1930er Jahren, schrecklich, und sehr traumatisch für viele Amerikaner. Der stark fremdfinanzierte Sektor vor mehr als 100 Jahren war nicht das Wohnungswesen, sondern die Landwirtschaft, erklärt Johnson.

Der Aufstieg der Tea-Party Bewegung hat inzwischen die Finanzpolitik als ein mögliches antizyklisches Instrument vom Tisch genommen. In dieser Situation kommt es nun viel mehr auf die Geldpolitik an. Der Fed-Präsident Bernanke richtet das Augenmerk danach, die Deflation zu vermeiden. Aber Bernanke des Verrats zu bezichtigen, ist schlimmer als eine gefährliche Politik, hebt Johnson mit dem Hinweis auf die schäbigen Äusserungen von Rick Perry, dem texanischen Gouverneur hervor.

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