Die Aufregung über die Entscheidung von Standard & Poor’s, die Bonität der US-Staatsanleihen herabzustufen, hält an. „Sie müssen zwei scheinbar (aber nicht wirklich) widersprüchliche Ideen vor Augen halten, um die Herabstufung der US-Bonität zu verstehen“, bemerkt Paul Krugman in seiner lesenswerten Montagskolumne („Credibility, Chutzpah and Debt“) in NYT.
Die eine ist, dass Amerika in der Tat nicht mehr das stabile, zuverlässige Land ist, was es einst war. Die zweite ist, dass S&P selbst noch niedrigere Glaubwürdigkeit hat. Es ist der letzte Ort, um Urteile über Wirtschaftsaussichten eines Landes zu fällen, unterstreicht der Träger des Wirtschaftsnobelpreises.
Was die mangelhafte Glaubwürdigkeit von S&P betrifft, beschreibt Krugman, dass es, wenn es ein einziges Wort gäbe, um die Entscheidung der Rating-Agentur zur Senkung der Bonität der USA zu beschreiben, Chuzpe ist.
Amerika hat ein grosses Haushaltsdefizit, in erster Linie als Ergebnis der Wirtschaftskrise, die der Finanzkrise von 2008 folgt. Und S&P hat, zusammen mit Schwester Rating-Agenturen, eine wichtige Rolle bei der Entstehung der Krise durch die Erteilung von AAA-Ratings auf hypothekarisch gesicherten Vermögenswerte, die sich als Giftmüll erwiesen, gespielt.
Damit ist es nicht getan: S&P hat Lehman Brothers bis hin zu dem Monat des Untergangs ein „A“-Rating erteilt.
Es wird besser: Das US-Schatzamt hat sich neulich über den Fehler in Höhe von 2‘000 Mrd. $ in S&P-Daten mokiert. Und der Fehler war derart, dass jeder Haushaltsexperte es richtig hingekriegt hätte. Nach einer Aussprache räumte S&P ein, falsch zu liegen. Die Agentur hat aber die USA dennoch herunterstuft, erklärt Krugman.
Es gibt also keinen Grund, die Herabstufung von Freitag durch S&P ernst zu nehmen. „Das sind die letzten Menschen, deren Urteil wir vertrauen sollten“, argumentiert Krugman. Doch Amerika hat grosse Probleme.
Diese Probleme haben mit kurzfristiger oder mit mittelfristiger Haushaltsplanung sehr wenig zu tun. „Legen Sie die Zahlen zusammen, anstatt die beste Dr.Evil-Stimme anzustimmen, werden Sie festhalten, dass selbst grossere Defizite über die nächsten Jahre erstaunlich wenig Einfluss auf die Tragfähigkeit der öffentlichen Schulden entfalten“, legt Krugman dar.
Was Amerika in Sachen Schulden unzuverlässig macht, ist nicht die Mathematik in Bezug auf den Haushalt, sondern die Politik. Es sind aber nicht die üblichen Erklärungen, dass beide Seiten des politischen Spektrums daran Schuld sind. „Unsere Probleme sind fast vollständig durch den Aufstieg der extremistischen Rechten verursacht, die es darauf ankommen lassen, wiederholte Krisen zu schaffen, als gib ihm den kleinen Finger, und er nimmt die ganze Hand“.
Die eigentliche Frage, der sich Amerika stellt, ist, selbst in rein fiskalischer Hinsicht, nicht, ob die USA eine Milliarde hier oder eine Billion dort vom Defizit kürzen können. Es ist die Frage, ob die Extremisten, die jede Art von verantwortungsvollen Politik blockieren, besiegt und marginalisiert werden können, fasst Krugman als Fazit zusammen.
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