Montag, 5. Juli 2010

EZB und Überschussliquidität

Das 442 Mrd. Euro schwere Refinanzierungsgeschäft der EZB ist am vergangenen Donnerstag reibungslos abgelaufen. Die Banken haben der EZB die Gelder, die sie vor einem Jahr zu einem Zinssatz von 1,0% geliehen haben, wieder zurückgezahlt. Die Roll-over-Nachfrage nach dem 12-Monats-Tender fiel geringer aus als erwartet. Am 1. Juli hat die EZB 78 Banken im Rahmen eines 6-Tage-Tenders 111,2 Mrd. Euro wiederum zu einem Zinssatz von 1,0% zugeteilt. Bereits am Vortag hatten sich 171 Banken im Rahmen eines 3-Monats-Tenders 131,9 Mrd. Euro verschafft. Nach Einschätzung mehrerer Marktbeobachter hat sich die Überschussliquidität damit auf rund 170 Mrd. Euro verringert. Ist es ein gutes Zeichen oder nicht? Doch bevor die Frage endgültig beantwortet werden kann, gilt es, sich zu vergegenwärtigen, dass die Analysten sich darin einig sind, dass der Rückgang der Überschussliquidität zu einem Anstieg der Zinssätze am Geldmarkt führen wird. Die Lage an den Finanzmärkten dürfte also noch angespannt bleiben. EONIA (European Overnight Index Average), der Satz für "unbesicherte Kredite über Nacht" schickt sich bereits an, sich in Richtung des Leitzinses von 1,0% nach oben zu bewegen.



Libor Euro 3 Monate, Graph: Bloomberg.com

Der EONIA-Satz lag vor der Finanzkrise leicht über dem Leitzins der EZB. Der Rückgang der Überschussliquidität kann also nicht ohne Weiteres als positives Signal interpretiert werden. Ein signifikanter Anstieg der Zinssätze am Geldmarkt würde (a) die Kreditvergabe verteuern und (b) die Erholung der schwer angeschlagenen Wirtschaft erschweren. Was kann die EZB dagegen unternehmen? Die Analysten von Citi (hat tip Tracy Alloway, FT Alphaville) vertreten die Meinung, dass die EZB drei Optionen hat: (1) Die EZB könnte die Leitzinsen senken. Die Analysten halten diese Option jedoch für unwahrscheinlich, da die EZB erst vor einem Jahr den 12-Monats-Tender und das Covered-Bond Kauf-Programm eingeführt hat. Es sei denn, die EZB betrachtet das Deflationsrisiko als beträchlich, (2) Die EZB könnte die Sterilisierung von SMP einfach beenden und eine ordnungsgemässe Politik von Quantitative Easing (QE) vorstellen. Aber auch diese Option gilt als unwahrscheinlich, da die EZB das SMP nicht als eine Massnahme zur Liqudititätsversorgung sieht. Die EZB dürfte von QE allem Anschein nach nur dann Gebrauch machen, wenn sie eine echte Deflationsgefahr entdeckt, und (3) Die EZB könnte zusätzliche längerfristige Liquiditiät anbieten. Diese Optionen scheint eher wahrscheinlich. Beispielsweise in Form von 6-Monats-Tender.

Die Rückzahlung des 12-Monats-Tenders ist zwar am 1. Juli ohne Verwerfungen abgelaufen, aber es gibt immer noch Banken, die auf das Liquiditätsprogramm der EZB angewiesen sind, da sie sich am Geldmarkt sonst nur zu höheren Zinssätzen refinanzieren können. Die EZB-Sitzung am kommenden Donnerstag wird vielleicht mit Neuigkeiten aufwarten.

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