Der Basler Ausschuss hat am Montag einige Vorschriften für die Banken bereits abgeschwächt. Der Grund: Die Proteste von Banken. Besonders umstritten sind die Verschuldungsquote (leverage ratio) und das Liquiditätspuffer (NSFR = Net Stable Funding Ratio). Banken versuchen Neuregulierung („Basel III“) aufzuweichen. Während im Ausschuss die Länder wie die USA, die Schweiz und Grossbritannien für strengere Regulierung plädieren, setzen sich Deutschland und Frankreich für Konzessionen für Banken ein. Der Ausschuss für Bankenaufsicht hat insbesondere den Zeitrahmen für die Durchführung der NSFR von Anfang 2013 bis Anfang 2018 verlängert. Beim NSFR handelt es sich um ein Liquiditätsmass, welches dafür sorgen soll, dass die Laufzeiten von Anlagen und Verbindlichkeiten stärker in Einklang gebracht werden. Die neue Kennziffer zielt also auf die Fristenkongruenz von Finanzierung und Anlagen ab. Beispielsweise dürfen 30-Jahre-Hypotheken nicht mehr über 30-Tage-Papiere finanziert und über ausserbilanzielle Vehikeln gehalten werden, wie David Milleker von Union Investment treffend beschreibt.
Die Banken wehren sich dagegen, weil ihr Bedarf an flüssigen Mitteln steigen würde. Die NSFR will aber durch die Begrenzung der Inkongruenz zwischen den Fristenstrukturen verhindern, dass die Aktiv- und die Passiv-Seite der Bankbilanz auseinanderdriften. Damit sollen die sog. Finanzierungslücken vermieden werden. Einerseits soll die Liquidität der Aktiva, und andererseits die Stabilität der Passiva gesichert werden. Die NSFR dürfte zudem die Fähigkeit der Banken, über die Fristentransformation übermässig Kredit zu schöpfen, einschränken. Seit Beginn der 1980er Jahren ist die Kreditschöpfungsfähigkeit des Shadow Banking System (Schatten Bankensystem) erheblich gestiegen. Wie die Finanzkrise deutlich vor Augen geführt hat, sind aber die vergebenen Kredite seit der Trennung der Banken in Geschäfts- und Investmentbanken überwiegend in Casino-Aktivitäten und weniger in klassischen Bankaktivitäten eingesetzt worden. Die Kreditschöpfung kam also nicht produktiven Investitionen in der Realwirtschaft zugute. Während die Banken sich wegen ihrer kurzfristigen Scheingewinne rühmten, war der ökonomische und soziale Nutzen der dabei eingesetzten Finanzinnovationen gleich Null. Die Kosten haben die unbeteiligten Steuerzahler tragen müssen.
Welche Auswirkungen hat aber die Kategorisierung von Aktiva und Passiva von Banken am Interbankenmarkt für Refinanzierung? Der Basler Ausschuss nimmt Finanzsektor-Aktiva aus seiner Definition von Liquiditätspuffer-Assets aus. Weil der der Bank für Internationalen Zahlugsausgleich (BIS) zugehörige Ausschuss glaubt, dass das systemische Risiko sich nicht verringert, wenn Banken gegenseitig Wertschriften kaufen. Das bedeutet, dass die Banken keinen Anreiz haben, die Schuldverschreibungen von anderen Banken zu kaufen, bemerkt das Zinsmärkte-Research Team von Nomura, wie von FT Alphaville zitiert. Das hat aber im Gegenzug das Potenzial, die Liquidität für Refinanzierung zu reduzieren und die fixen Sätze relativ zu OIS ("overnight indexed swap rate") und Leitzinsen auszuweiten. Das heisst, dass die Banken jetzt seit der verzögerten Umsetzung der NSFR mehr Zeit haben, ihre kurzfristigen Refinanzierungsgeschäfte am Interbankengeldmarkt (wholesale funding) zurückzubilden, was aber bedeutet, dass die Nachfrage nach kurzfristigen „bank instruments“ wahrscheinlich schneller fallen wird als die Banken mit der Ausgabe davon Schritt halten können. Der Preis für die Milderung des Liquiditätsrisikos dürfte also ironischerweise vorerst die Liquidität am Interbankenmarkt verschärfen, argumentiert Tracy Alloway von FT Alphaville.
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