Dienstag, 6. Juli 2010

Stresstest in der Euro-Zone: Türkische Banken als Vorbild?

Bevor die EU in rund zweieinhalb Wochen die Ergebnisse des erweiterten Stresstests europäischer Banken vorlegen wird, präsentieren Europa’s Investmentbanken in diesen Tagen ihre eigenen Versionen. Es gilt aber, anzumerken, dass Deutschland (wie viel Kapitalpuffer deutsche Banken noch haben: siehe FTD), Spanien, Österreich und Frankreich bereits mitgeteilt haben, dass ihre wichtigsten Banken die Tests bestanden haben. Alastair Ryan und John-Paul Crutchley von UBS legen einen relativ einfachen Banken-Stresstest an den Tag, basierend auf Einschätzungen von Kreditausfällen. Sie gehen jedoch wie bei US-Stresstest von einem Haircut von 3% (Abschlag) auf alle europäischen Staatsanleihen aus, wie Tracy Alloway von FT Alphaville berichtet. In dem Test verwenden die Ökonomen genau diegleichen Szenarien für jede Bank unabhängig von individuellen Umständen. Sie gestehen ein, dass die Methode angesichts der breiten Streeung des europäischen Wirtschaftsumfelds in Sachen „capital at risk“ eine schlechte Anleitung ist.



Turkish Banking System Key Figures, Graph: Alastair Ryan & John-Paul Crutchley, UBS, July 2010

Wenn die Stresstests nutzlos sind, worauf haben die Investoren zu schauen, um ihre Befürchtungen zu besänftigen? Die UBS-Analysten deuten auf „wholesale funding“ (kurzfristige Refinanzierung am Interbankengeldmarkt) an. Ein europäischer Stresstest sollte realistischerweise versuchen, die Frage zu beantworten, wie viel „wholesale funding“ eine Bankbilanz unter heutigen Konditionen unterstützen kann. Es ist zur Kenntnis zu nehmen, dass die EU-Behörden einen Kapitalbedarf von 30 Mrd. Euro ausgemacht haben. Das entspricht rund 0,1% der System-Bilanz in Europa. Das scheint aber eine ziemlich moderate Zahl zu sein. Die Analysten glauben, dass die Antwort eine potenziell grössere Herausforderung darstellt. Um ein höheres Mass an „wholesale funding“ zu erreichen, dürften die meisten Banken in der Euro-Zone auf eine höhere Kernkapitalquote (core tier 1) angewiesen sein. Die UBS-Analysten betonen, wie wichtig die Struktur der Bankbilanzen ist. Und hier kommt die Türkei als Beispiel zum Zuge. Sollte die Volatilität im Hinblick auf das Länderrisiko in der Eurozone anhalten, was in den Augen der Analysten angesichst der zunehmenden Staatsverschuldung der Fall sein dürfte, dann müssten die Banken versuchen, ihre Abhängigkeit von „wholesale funding“ weiter zu reduzieren. Mit Blick auf die Struktur der Bankbilanzen im türkischen Banksystem bemerken die Autoren des Berichts, dass es auffallend unkompliziert ist. Das Einlagen-Eigenkapital-Verhältnis (deposit-equity-rate) der türkischen Banken beträgt vier Fünftel der Bilanzsumme. Die Banken in der Eurozone sollten also irgendwie dem türkischen Beispiel folgen. Das Einlagen-Eigenkapital-Verhältnis der Banken in der Eurozone beträgt derzeit 46%. Was können die Banken tun, um diesen Wert anzuheben? Sie könnten (a) liquide Mittel kürzen oder (b) mehr Eigenkapital beschaffen.

PS: Eine Kernkapitalquote von 4% bedeutet, dass 4% der risikogewichteten Aktiva ausfallen könnten. Erst dann wäre das haftende EK aufgebracht und die Bank in Insolvenzgefahr.

Capital at risk: Ein Mass für worst-case-Verluste von mehr als der Durchschnitt. Bestimmung für Banken, damit sie sowohl Eigenkapitalanforderungen als auch bestimmte Performance Kennzahlen erfüllen können, wie z.B. die Berechnung der risikoadjustierten Rendite des eingesetzten Kapitals (RAROC), welche auf Value-at-risk Methode beruht.

PPS: In diesem Blog wurde zuletzt im April auf manche beeindruckende Kennzahlen („loan-deposit ratio“ und „asset quality“ usw.) des türkischen Bankensystems mit Abbildungen verwiesen.

Keine Kommentare: