Donnerstag, 1. Juli 2010

Fall Island: Finanzkrise und gestiegene Einkommensungleichheit

Was in der gegenwärtigen Debatte ums Sparen nicht untergehen darf, ist die Tatsache, dass die Finanzkrise für die aktuellen Haushaltsdefizite und steigende Staatsverschuldung verantwortlich ist. Island ist ein trauriger Fall. Das Land stellt eine der grossen Wirtschaftskatastrophen-Geschichte aller Zeiten dar. „Eine Wirtschaft, welche für die Menschen einen angemessenen Lebensstandard ermöglichte, aber effektiv durch eine Kombination aus der Ideologie des freien Marktes und dem „crony capitalism“ missbraucht wurde“, bemerkt Paul Krugman in seinem Blog. Er verweist in diesem Zusammenhang auf eine Studie, auf die er auf einer Konferenz in Luxemburg neulich gestossen ist: Income Inequality in a Bubble Economy – The Case of Iceland 1992-2008“, von Stefan Olafsson und Arnaldur Solvi Kristjansson, University of Iceland. Die Autoren zeigen, wie die Vorteile der Spekulationsblase mit überwältigender Mehrheit zu Gunsten einer kleinen Minderheit an der Spitze der Einkommensverteilung gingen.


Gini Koeffizient für gleichwertige verfügbare Einkommen 1993-2008, Graph : S. Olafsson and A.S. Kristjansson, University of Iceland

Die Abbildung zeigt den Gini-Koeffizienten (ein statistisches Mass für die Ungleichverteilung von Einkommen oder Vermögen) für die verfügbaren Einkommen zwischen Individuen mit gleichwertigen Familieneinkommen von 1992 bis 2008. Es ist deutlich erkennbar, dass die Ungleichheit von Einkommen ab 1995 entscheidend gestiegen ist; ab 2002 sogar mit einer wachsenden Geschwindkeit, analog zur Expansion der Spekulationsblase. PS: Je näher der Gini-Koeffizient an 1 ist, desto grösser ist die Ungleichheit einer Einkommensverteilung.

Und in dem Prozess des Aufbaus von kurzlebigen Finanz-Imperien haben eine Handvoll Menschen enorme Schuldenberge aufgebaut, die jetzt von ihren Mitbürgern zurückbezahlt werden müssen, berichtet Krugman. „Es gibt aber eine seltsame Koda um die Geschichte. Im Gegensatz zu anderen katastrophalen Volkswirtschaften rund um die europäische Peripherie, die versuchen, sich durch Fiscal Austerity und Deflation zu retten, hat Island so viele Schulden aufgehäuft und sich in einem desolaten Zustand befand, dass die Orthodoxie ausser Frage stand. Stattdessen hat Island seine Währung massiv abgewertet und Kapitalkontrollen eingeführt“, beschreibt Krugman. Und eine seltsame Sache ist passiert: Obwohl Island im allgemeinen die schlimmste Finanzkrise der Geschichte erlebte, ist seine Strafe wesentlich niedriger ausgefallen als die der anderen Nationen. Das BIP ist in Island weniger tiefer gesunken als in z.B. Irland, Estland und Lettland.


Einkommensanteile 1992-2008, Graph : S. Olafsson and A.S. Kristjansson, University of Iceland

Fazit: Krugman ist der Meinung, dass, wenn man eine Krise hat, dann bitte eine wirklich, wirklich schlechte. Denn sonst kommen Leute mit Ratschlägen, dass du mehr leiden musst, um genesen zu werden, was dich mehr plagen wird. Damit spielt Krugman auf die rigorosen Sparmassnahmen an, auf welche die Euro-Zone sich gerade anschickt, einzuschwenken.

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